Zuckerwürfel

Traue keiner industriegeförderten Forschung

Das Thema Zucker

Zuckerhaltige Getränke und Übergewicht Studien mit Interessenskonflikt gesteuert?

In Zahlen: 83,3 Prozent der systematischen Übersichtsarbeiten, die in den
Manuskripten ohne Interessenkonflikt beschrieben waren, kamen zu dem Schluss,
dass ein hoher Konsum von zuckerhaltigen Getränken direkt mit einer
Gewichtszunahme oder Übergewicht verbunden ist. Dagegen kamen ebenso 83,3
Prozent der Arbeiten, bei denen Interessenkonflikte angegeben waren, zu dem
entgegengesetzten Ergebnis. Nämlich dass die vorliegenden Daten keinen
Zusammenhang belegen.   

Die spanische Universität Navarra und das Deutsche Institut für
Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam zeigten nun erstmals in einer
Literaturanalyse, dass systematische Übersichtsarbeiten, bei denen ein
finanzieller Interessenkonflikt aufgrund industrieller Förderung angegeben war,
durchaus zu anderen Ergebnissen und Schlussfolgerungen kommen als ohne
Förderung. Bei der umfangreichen Analyse ging es um den viel diskutierten und
umstrittenen Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckerhaltiger
Erfrischungsgetränke und einer Gewichtszunahme. Mit dem Ergebnis: Geförderte
Studien kommen fünfmal häufiger zu dem Ergebnis, dass kein Zusammenhang besteht
als Studien, bei denen kein Interessenkonflikt vorlag.   

Ein spannender Hinweis auf die Glaubwürdigkeit von Studieninterpretationen, findet auch Matthias Schulze, Co-Autor und Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie am DIfE: „Obwohl unsere Untersuchung nicht darauf ausgerichtet war, zu klären, welche
Interpretation der verfügbaren Daten richtig ist, stimmen die Ergebnisse uns
doch bedenklich, da sie annehmen lassen, dass finanzielle Interessenkonflikte
die Schlussfolgerungen einer Übersichtsarbeit beeinflussen können.“ So sei
auffällig, dass industriell geförderte Studien oft über einen fehlenden
Zusammenhang zwischen dem Konsum von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken und
Übergewicht berichteten, obwohl dies im Widerspruch zu den Ergebnissen der
Originalarbeiten stehe, erklären die Autoren weiter.   

Das DIfE kommt zum Schluss, dass wissenschaftliche Aussagen, die auf industriell
geförderte Studien zurückgehen, möglicherweise Ungenauigkeiten beinhalten. Ein
Ausrufezeichen, bei dem man sehr genau hinschauen muss. Nicht zuletzt, weil
Studien auch die Grundlage für politische Entscheidungen darstellen – auch im
Bereich Lebensmittel und Prävention ernährungsbedingter Krankheiten. 
Harald Seitz