Tabakentwöhnung: Medikamente sind nicht immer hilfreich

Tabakentwöhnung: Medikamente sind nicht immer hilfreich

fzm, Stuttgart, März 2015 – Raucher, die an
einem Tabakentwöhnungsprogramm teilnehmen, profitieren meist nicht von
der zusätzlichen Einnahme von Medikamenten. Zu diesem Ergebnis kommen
Dr. Christoph Kröger und Lena Erfurt vom Institut für Therapieforschung
in München. Im Rahmen einer Studie befragten sie über 1000 Teilnehmer
von Tabakentwöhnungskursen zu Medikamentennutzung und Abstinenzerfolg.
Die Einnahme von Medikamenten konnte die Erfolgsquote dabei weder kurz-
noch langfristig steigern, wie Erfurt und Kröger in der Fachzeitschrift
„Das Gesundheitswesen“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2015) berichten.

Die Studienteilnehmer gewannen die Münchener Wissenschaftler
in Entwöhnungskursen, die dem von Christoph Kröger entwickelten
kognitiv-verhaltenstherapeutischen „Rauchfrei Programm“ folgten. Dabei
handelt es sich um ein multimodales Tabakentwöhnungsprogramm mit einem
festgelegten Rauchstopptag, das in drei Phasen gegliedert ist:
Vorbereitung des Rauchstopps, Entzug und Stabilisierung der Abstinenz.
„Das Programm wird hauptsächlich von Psychologen und Sozialpädagogen
durchgeführt“, sagt Kröger und betont, dass diese einem schriftlichen,
detaillierten Handbuch folgen. Dies erhöhe die Vergleichbarkeit der
Gruppen.

Von den 1052 befragten Teilnehmern gaben fast 30 Prozent an,
zusätzlich Medikamente zur Tabakentwöhnung zu verwenden. Meist waren
dies Nikotinpräparate wie Pflaster, Kaugummis, Inhaler oder Tabletten.
Nur rund 13 Prozent der Medikamentennutzer griffen auf nikotinfreie
Präparate zurück – entweder einzeln oder in Kombination mit einem
nikotinhaltigen Mittel.

Unabhängig von der Art der Präparate führte die medikamentöse
Begleittherapie jedoch nicht zu einem erhöhten Abstinenzerfolg. Bei
Kursende war mit 68 Prozent zwar ein leicht höherer Anteil der
Medikamentennutzer abstinent als bei den Nicht-Nutzern mit rund 64
Prozent, dieser Unterschied war jedoch statistisch nicht aussagekräftig.
Ein Jahr später lag die Abstinenzquote bei den Medikamentennutzern
sogar leicht unter der der Nicht-Nutzer – knapp 32 gegenüber gut 34
Prozent – was statistisch jedoch ebenfalls nicht signifikant war.

„Dieser Befund widerspricht internationalen klinischen
Studien, die die Effektivität der Pharmakotherapie zur Tabakentwöhnung
wiederholt belegen, und auch der aktuell veröffentlichten S3-Leitlinie,
die die Kombination von Verhaltenstherapie und Medikation empfiehlt“,
sagt Christoph Kröger. Einen Grund hierfür sehen Kröger und Erfurt in
einem möglichen Deckeneffekt: Moderne Programme zur Tabakentwöhnung wie
das „Rauchfrei Programm“, die mehrere evidenzbasierte Therapieverfahren
kombinieren, erreichen bereits ohne medikamentöse Begleittherapie
langfristige Erfolgsquoten von rund 30 Prozent. Ein zusätzlicher Nutzen
ist hier nur noch schwer zu erreichen.

Ein weiterer Aspekt ist die mangelnde Therapietreue, die die
Studienteilnehmer bei der Einnahme der Medikamente an den Tag legten:
Während rund 80 Prozent glaubten, die Präparate gemäß den
Herstellerangaben einzunehmen, war dies tatsächlich nur bei rund 13
Prozent der Nutzer der Fall – ein bekannter Grund, weshalb die
Erfolgsquoten einer Therapie in der breiten Anwendung oft hinter
klinischen Studienergebnissen zurückbleiben. Ob wiederholte Erinnerungen
an die Medikamenteneinnahme im Rahmen des Programms die Erfolgsquoten
erhöhen könnten, müsste in weiteren Studien geklärt werden, so Kröger.
Vorerst erscheine eine pharmakologische Begleittherapie bei der
Teilnahme an einem multimodalen Tabakentwöhnungsprogramm jedoch nicht
empfehlenswert.

Erfurt, L. und Kröger, C. B.: