Stellt China die soziale Marktwirtschaft infrage?

Grundsatzpapier des BDI Industrie für mehr Härte gegen China

Stand: 10.01.2019 10:44 U

Dumpingpreise und
zunehmende Übernahmen europäischer Hightech-Firmen: China wird auch mit
umstrittenen Methoden zunehmend zur wirtschaftlichen Supermacht. Die
deutsche Industrie fordert nun einen härteren Kurs dagegen.

Die deutsche Industrie
schlägt Alarm: Die Marktwirtschaft müsse "widerstandsfähiger" gemacht
werden gegen wirtschaftliche Methoden Chinas, heißt es in einem
Grundsatzpapier. "Zwischen unserem Modell einer liberalen, offenen und
sozialen Marktwirtschaft und Chinas staatlich geprägter Wirtschaft
entsteht ein Systemwettbewerb", schreibt der Bundesverband der Deutschen
Industrie (BDI).

Die europäische und deutsche
Industrie mit dem Modell einer liberalen und sozialen Marktwirtschaft
sei noch in einer starken Position auf dem Weltmarkt. Doch China werde
immer stärker – und die Europäische Union müsse aufpassen, bei wichtigen
Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz nicht den
Anschluss zu verlieren.

"Märkte und Preise verzerrt"

Deswegen müsse die EU ihre
Instrumente nachschärfen und China mehr entgegensetzen. China entwickle
sich entgegen früherer Erwartungen absehbar nicht hin zu Marktwirtschaft
und Liberalismus, erklärte BDI-Präsident Dieter Kempf. Das Land
verzerre durch staatliche Eingriffe Märkte und Preise. Die Folge seien
weltweite Überkapazitäten etwa bei Stahl. Künftig sei damit auch zum
Beispiel bei Robotik oder Batteriezellen zu rechnen.

Der BDI legt insgesamt 54
Forderungen vor, damit Europa und Deutschland wettbewerbsfähiger
gegenüber dem chinesischen Staatskapitalismus werden können. Konkret
schlägt der Verband etwa vor, das EU-Beihilferecht und die
Anti-Subventions-Instrumente zu schärfen. Europa müsse effektiv gegen
Firmen vorgehen können, die nicht in der EU produzieren und staatliche
Subventionen erhalten.

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China – Freund oder Feind?

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Die deutsche Industrie wolle
jedoch auch weiterhin die Chancen des wirtschaftlichen Austausches mit
China nutzen, betont Kempf. Direkte Markteingriffe sollten in Europa die
Ausnahme bleiben.

Aber niemand dürfe die
Herausforderungen, vor die China die EU und Deutschland stelle,
ausblenden: "Ohne in unsere Infrastruktur zu investieren, unsere
Bildungssysteme zu verbessern und die Forschung und Entwicklung in
Zukunftsbranchen zu fördern, haben wir wenig Chancen, mit einem China zu
konkurrieren, das genau diese Dinge tut."

"Forschungsausgaben verdoppeln"

Der BDI verlangt außerdem,
dass sich der chinesische Markt für ausländische Investoren weiter
öffnen müsse. "Während chinesische Unternehmen bisher einen relativ
freien Zugang zum EU-Binnenmarkt genießen, gilt dies umgekehrt nicht in
gleichem Maße für ausländische Unternehmen in China", heißt es in dem
Papier. Je schneller China mit Wirtschaftsreformen und Marktöffnung
Wettbewerbsgleichheit zwischen chinesischen und EU-Unternehmen auf dem
Weltmarkt schaffe, desto weniger müssten neue Kontrollinstrumente zum
Einsatz kommen.

China ist der wichtigste
Handelspartner Deutschlands außerhalb der EU. Peking versucht seit
Jahren, einerseits über zunehmende Firmenkäufe ausländische
Spitzentechnologie zu übernehmen und andererseits über Investitionen in
die europäische Infrastruktur politischen Einfluss zu gewinnen. Das
Hauptvehikel dafür ist die "neue Seidenstraße".

Chinas Plan für 2049

Kurzfristig
will China mit der Initiative "Neue Seidenstraße" Überkapazitäten
seiner Industrie abbauen. Doch langfristig will Peking damit die
Weltordnung zu seinen Gunsten beeinflussen – und hat bereits ein Ziel
für das Jahr 2049 ausgegeben. Von Daniel Satra.
mehr

Die Bundesregierung hatte
zuletzt vor allem mit Blick auf China zum Schutz vor Spionage und des
geistigen Eigentums die Hürden für ausländische Investoren erhöht.
Das Kabinett senkte für sensible Bereiche die Schwelle, ab der es einen
Anteilserwerb prüfen kann.

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Januar 2019 u.a. um 07:00 Uhr und 08:00 Uhr in den Nachrichten.