Rheuma-Therapie und neue Impfempfehlungen

Fortschritte in der Rheuma-Therapie und neue Impfempfehlungen

Bremen
– Fast jeder vierte Deutsche ist von einer der mehr als hundert Arten
rheumatischer Erkrankungen betroffen. Die medizinische Situation dieser
Patienten hat sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich verbessert.
Gelenkschmerzen und Behinderungen können heutzutage bei einem Großteil
der Betroffenen verhindert werden. Über die Fortschritte in der
Therapie, immer kleinere Implantate und neue Impfempfehlungen für Kinder
mit Rheuma diskutieren Experten im Rahmen des 43. Kongresses der
Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Dieser findet vom 2.
bis 5. September in Bremen statt. Bundesgesundheitsminister Hermann
Gröhe eröffnet den Kongress mit einem Festvortrag. Es werden 2.500
Teilnehmer erwartet.

Das Bild von schmerzgeplagten und gebrechlichen Rheuma-Patienten ist längst nicht mehr aktuell. „Im Laufe der letzten Dekade ist die Krankheitsaktivität der rheumatoiden Arthritis bei rheumatologisch betreuten Patientendeutlich heruntergegangen“,
so DGRh-Tagungspräsident Professor Dr. med. Jens Gert Kuipers, Chefarzt
der Klinik für internistische Rheumatologie am Roten Kreuz Krankenhaus,
Bremen. Für medikamentös gut eingestellte Patienten sei auch Sport kein
Problem. Sie können zudem uneingeschränkt einem Beruf nachgehen.

Ähnlich
gute Ergebnisse erzielen Medikamente bei der chronischen
Gelenkentzündung im Kindesalter, der juvenilen idiopathischen Arthritis
(JIA). Zwar sei die Erkrankung nicht heilbar, sagt Professor Dr. med.
Hans-Iko Huppertz, Tagungspräsident der Gesellschaft für Kinder- und
Jugendrheumatologie (GKJR). Rheuma-Therapien werden aber immer früher
und häufiger angewendet. „Kein rheumakrankes Kind muss heute noch
fürchten, dauerhaft nicht am Sportunterricht teilnehmen zu dürfen oder
gar auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein“, so der Klinikdirektor der
Professor-Hess-Kinderklinik in Bremen im Vorfeld des DGRh-Kongresses.

Die
Fortschritte in der Behandlung von Rheuma-Patienten zeigen sich auch
bei chirurgischen Eingriffen. „Einige Betroffenen, darunter vor allem
Menschen mit Arthrose, benötigen innerhalb von 20 Jahren ein künstliches
Gelenk“, erklärt Dr. med. Ingo Arnold, Tagungspräsident Deutschen
Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). Durch die moderne
medikamentöse Rheumatherapie ist ein Trend zu mehr gelenkerhaltenden
Eingriffen aber auch minimalisierten Implantaten erkennbar. Damit steigt
auch die Möglichkeit für die Betroffenen wieder Sport zu treiben, so
der Chefarzt der Abteilung für Orthopädie und operative Rheumatologie im
Roten Kreuz Krankenhaus, Bremen. Wo die Grenzen der konservativen zur
operativen Therapie liegen, erörtern die Ärzte auf dem Rheuma-Kongress.
Auch hat die Rheumaforschung das Verständnis der Arthrose-Entstehung
verbessert. Wie zukünftige Behandlungsoptionen aussehen könnten wird in
zwei großen Sessions dargestellt.

Neuigkeiten
haben die Rheumatologen auch in Sachen Impfungen zu berichten. „Ein
guter Impfschutz ist für Rheuma-Patienten besonders wichtig und Bedenken
hinsichtlich der Verträglichkeit gewisser Vakzine sind in den meisten
Fällen nicht berechtigt“, so Kuipers. Dennoch sind die Impfquoten nicht
ausreichend. Auch jedes vierte rheumakranke Kind sei unzureichend
geimpft, ergänzt der GKJR-Kongresspräsident. Die neue Leitlinie
empfiehlt nun erstmals, Mädchen mit JIA bereits früher, im Alter von 9
bis 14 Jahren, gegen das Humane Papillomavirus zur Prävention von
Gebärmutterhalskrebs zu impfen. „Somit können wir häufig noch vor der
Behandlung mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, einen
wirksamen Impfschutz herbeiführen“, erklärt Huppertz den Vorteil für die
Patientinnen. Das sei deshalb so wichtig, weil diese Medikamente den
Impferfolg gefährden können, die dem Gebärmutterhalskrebs zu Grunde
liegende Infektion aber besonders aggressiv verlaufen kann.

Für
Rheuma-Patienten, Angehörige und Interessierte bietet die Deutsche
Rheuma-Liga einen Patiententag am 5. September 2015 auf dem
DGRh-Kongress in Bremen an. Zudem führt die DGRh wieder das erfolgreiche
Programm für den Nachwuchs durch: Medizinstudenten können sich beim
Kongress unter der Obhut erfahrener Rheumatologen intensiv über das
Fachgebiet informieren.