Rauchfrei durch Dampf?
Lungenärzte warnen: E-Zigaretten bieten keinen Weg aus der Sucht
Berlin
– Für Menschen, die das Rauchen aufgeben möchten, bieten E-Zigaretten
keinen „sanften Ausstieg“ aus der Sucht. Darauf weist die Deutsche
Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hin. Das Dampfen
könne zwar helfen, zeitweise auf Tabakprodukte zu verzichten. Es führe
aber auch in eine neue Abhängigkeit, deren Folgen Experten bis heute
nicht genau abschätzen können. E-Zigaretten und Rauchentwöhnung sind
auch Themen auf dem 60. Kongress der DGP, der vom 13. bis 16. März 2019
in München stattfindet.
Eine aktuelle Studie im New England Journal of Medicine (NEJM) an 886 Rauchern untersuchte, ob E-Zigaretten bei der
Tabakentwöhnung besser helfen als Nikotinersatzprodukte wie
beispielsweise Kaugummis oder Pflaster (1). Die Autoren kamen zu dem
Ergebnis, dass die E-Zigarette der erfolgreichere Ansatz sei: Nach einem
Jahr Dampfen waren doppelt so viele Studienteilnehmer abstinent wie mit
Nikotinkaugummi und Co.
Professor
Dr. med. Stefan Andreas, Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen bei
Göttingen, kommentiert dieses Fazit: „Wer E-Zigarette raucht, ist
keineswegs abstinent – er ersetzt lediglich die eine Abhängigkeit durch
eine andere.“ So zeigen die Ergebnisse, dass 80 Prozent der
E-Zigaretten-Raucher, denen es gelungen war, auf Tabakzigaretten zu
verzichten, nach einem Jahr immer noch regelmäßig E-Zigaretten
inhalierten. Nur 9 Prozent derjenigen, die Pflaster und Co. verwendeten,
nutzten diese Produkte ein Jahr später noch.
Welche
Folgen der langfristige Konsum von E-Zigaretten hat, sei heute noch
nicht absehbar, betont Andreas: „Da die E-Zigarette erst einige Jahre
auf dem Markt ist, gibt es noch keine Langzeitstudien zu ihren
gesundheitlichen Auswirkungen. Es hat ja auch über 50 Jahre gedauert,
die Folgen des Tabakrauchens zu untersuchen.“ Tierversuche und einige
Studien am Menschen zeigen aber, dass der Dampf das Gewebe in den
Bronchien und Lungenbläschen krankhaft verändert (2).
Viele
andere Studien zeigen, dass eine Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten
die Chancen, tatsächlich mit dem Rauchen aufzuhören, sogar verringern
kann. Nach einer Metaanalyse von 38 Studien war die Wahrscheinlichkeit
einer erfolgreichen Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten um 28 Prozent
niedriger als ohne E-Zigaretten (3). Viele Raucher, die auf die
E-Zigarette umsteigen, kehren langfristig wieder zur Tabakzigarette
zurück.
Die
Studie im NEJM wurde von zwei Leitartikeln begleitet. In beiden wurden
strenge Regelungen zum Verkauf und zur Vermarktung von E-Zigaretten
gefordert. Deutsche Experten fordern zum Schutz von Jugendlichen schon
lange ein Werbeverbot für Tabakprodukte, das auch E-Zigaretten mit
einschließt (4). Auch die European Respiratory Society warnt in einem
aktuellen Report davor, dass der Nutzen von E-Zigaretten für die
Tabakentwöhnung nicht belegt sei und Gesundheitsschäden keineswegs
ausgeschlossen werden können (5).
„Wir
müssen realisieren, dass die Tabakkonzerne ihren Markt durch die
E-Zigarette erweitert haben, um eine größere Zielgruppe an sich zu
binden“, erklärt Andreas. „Schließlich hat die Industrie kein Interesse
daran, ihren Absatz durch eine erfolgreiche Rauchentwöhnung zu
verringern.“ Der Lungenarzt fordert professionelle Entwöhnungsprogramme
für Raucher, die kostenfrei und flächendeckend verfügbar sind. Davon
gäbe es in Deutschland nämlich viel zu wenige.
Über
die möglichen Folgen der E-Zigarette und gesunde Wege der
Tabakentwöhnung spricht Andreas auf einer Pressekonferenz, die am 14.
März 2019 im Rahmen des 60. DGP-Kongresses in München stattfindet. Auf
der Fachtagung präsentieren Experten auch erfolgreiche Strategien für
den Rauchstopp.