„Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung

Nach Anlaufzeit immer mehr Produkte auf dem Markt 

Rund 70 Vertreter von Erzeugern, Handel, Futtermittelindustrie, Verbraucherverbänden und Politik kamen Mitte September auf Einladung der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin zusammen, um sich über erste Erfahrungen mit der neuen „ohne Gentechnik“- Kennzeichnung und mögliche Strategien darüber auszutauschen, wie man ihre Nutzung besser voranbringen kann. Die Teilnehmer zeigten sich davon überzeugt, dass die Nachfrage im „ohne Gentechnik“-Marktsektor groß sein wird – wenn ein entsprechend großes und breit gefächertes Angebot zur Verfügung steht. Deutlich wurde auch, dass die Unternehmen Anlaufzeit für den Umstieg auf gentechnikfreie Futterpflanzen brauchen, denn die diesjährige Ernte war bereits verplant, als die Kennzeichnungsregelung in Kraft trat.

Ein Problem ist auch die dürftige Informationslage sowohl bei Verbrauchern als auch Anwendern. Hinzu kommt das Fehlen eines einheitlichen Labels. Unsicherheiten darüber, wie die Lebensmittelüberwachung auf Funde von Spuren gentechnisch veränderten Materials reagiert, scheinen inzwischen ausgeräumt zu sein. Nach Absprache mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz scheint die Überwachung in den Ländern den Umgang mit zufälligen oder technisch unvermeidbaren gentechnisch veränderten Organismen einheitlich handhaben zu können. Auch wurde von den anwesenden Experten aus dem Futtermittelbereich erklärt, dass genügend GVO-freie Futtermittel zur Verfügung stünden. Dass „ohne Gentechnik“ machbar ist, zeigten die Berichte von Erzeugern und Anbietern, die bereits in die Kennzeichnung eingestiegen sind.

So hat sich zum Beispiel in der so genannten „Spätzle-Connection“ eine gesamte Produktionskette – vom Futtermittel über die Eiererzeugung bis zum Endprodukt – zusammengetan, damit Deutschlands zweitgrößter Teigwaren-Hersteller Alb-Gold sämtliche Produkte „ohne Gentechnik“ anbieten kann. Die mittelständische Supermarktkette tegut, die bereits 2005 mit der Einführung von Milchprodukten „ohne Gentechnik“ gestartet ist, ergänzt dies ab 1. Oktober 2008 mit Schweinefleisch der Eigenmarke „kff LandPrimus“. Noch beäugen sich die Großen der Branche skeptisch: Wer kommt zuerst raus? Damit ist wohl schneller zu rechnen, als manche derzeit glauben. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) sieht das deutlich skeptischer: „Die Vorgaben dieser neuen „ohne Gentechnik“-Kennzeichnung finden in der Ernährungsindustrie und im Lebensmitteleinzelhandel bislang keine Akzeptanz“, meint Dr. Marcus Girnau, Geschäftsführer des BLL. Eine Ausnahme bildeten lediglich Nischenmärkte.

Die SPD forderte nach der Veranstaltung eine Informationskampagne für den Handel, um bestehende Unsicherheiten über die Konsequenzen der neuen Kennzeichnung und die Handhabung durch die Lebensmittelüberwachung auszuräumen. Geld hierfür wolle man im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen locker machen. aid, Britta Klein

aid: Infodienst für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Der gemeinnützige Verein löste sich 2016 auf.