Neues Recht entlang der Lebensmittelkette

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in Kraft getreten

(aid) – Bisher weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit und dennoch
von erheblicher Tragweite hat sich in der vergangenen Woche der Umbau
des deutschen Lebensmittelrechts vollzogen. Mit Wirkung zum 7.
September 2005 trat das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
in Kraft. Das in Fachkreisen heftig umstrittene und Mitte Juni im
Vermittlungsausschuss des Deutschen Bundestages noch einmal
nachverhandelte neue Basisgesetz für Futtermittel und Lebensmittel
fasst elf bisherige Gesetze zusammen und hat sie größtenteils
vollständig abgelöst. So gelten beispielsweise das seit 1974 bestehende
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG), das Weingesetz oder
Fleischhygienegesetz nicht mehr.

Das am 6. September im Bundesgesetzblatt I veröffentlichte, 52 Seiten
umfassende Gesetzeswerk ergänzt die seit Anfang dieses Jahres geltende
EU-Basis-Verordnung 178/2002. Beide bilden nun den gemeinsamen
Rechtsrahmen für Lebensmittel und Futtermittel und setzen die im
EU-Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit erstmals formulierte Strategie
des vorbeugenden Verbraucherschutzes entlang der Lebensmittelkette in
geltendes Recht um. Das neue LFGB umfasst alle Produktions- und
Verarbeitungsstufen vom Acker bis zum Teller und gilt außer für
Lebensmittel und Bedarfsgegenstände auch für Futtermittel und
Kosmetika. Oberstes Gebot ist die Lebensmittelsicherheit. Lebensmittel,
die nicht sicher sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. Der
Hersteller, Händler oder Inverkehrbringer hat die einwandfreie Qualität
der Ware sicherzustellen. Auf allen Verarbeitungsstufen vom Feld bis
auf den Teller ist die Rückverfolgbarkeit der Produkte zu
gewährleisten. Bei hinreichendem Verdacht für ein Gesundheitsrisiko
können die Behörden die Öffentlichkeit informieren. Mit diesen
Regelungen hat der Gesetzgeber auf die seit den 80er Jahren bekannt
gewordenen Skandale reagiert (Glykol in Wein 1986, unzulässiger Einsatz
des Hormons Clenbuterol in der Kälbermast 1988, Dioxinskandal in
Belgien 1999, Nitrofen in Biogetreide 2002), bei denen es mehrheitlich
schwierig war und einige Zeit dauerte, bis alle betroffenen Chargen
gefunden und aus dem Verkehr gezogen waren.

Zahlreiche Gesetze und Verordnungen sind dem LFGB untergeordnet,
beispielsweise die Nährwertkennzeichnungsverordnung, die
Zusatzstoffzulassungs-Verordnung, die Verordnung über diätetische
Lebensmittel. In vielen Bereichen besteht noch ergänzender
Regelungsbedarf. Verordnungsentwürfe, die derzeit diskutiert werden,
liegen u. a. vor zu Health-Claims (Gesundheitsversprechen), zur
Anreicherung von Lebensmitteln und zur Verpackung von Lebensmitteln.
Nicht nur an die neue Bezeichnung LFGB, vor allem an den Umgang mit dem
neuen Gesetz werden sich die meisten Anwender wohl erst noch gewöhnen
müssen. In zahlreichen Punkten der Rechtsvorschrift wird auf die
EU-Basis-Verordnung verwiesen, so dass sich viele Regelungen
vollständig erst beim Nachlesen in beiden Gesetzeswerken erschließen.
Die Zukunft wird zeigen, wie sich das LFGB in der Praxis, etwa im
Skandalfall bewährt. Bis dahin bleibt ein abschließendes
Qualitätsurteil über die neuen Rechtsvorschriften offen.

aid, Ute Gomm