Neuer Sensor gibt tiefe Einblicke in Lawinen

Neuer Sensor gibt tiefe Einblicke in Lawinen

Radarsystem liefert exakte Messdaten für noch besseren Schutz

Christoph Baer: Lawinensensor rettet Leben (Foto: ruhr-uni-bochum.de, Kramer)

Bochum (pte021/30.11.2016/10:30) –

Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum http://ruhr-uni-bochum.de haben einen neuen Radarsensor entwickelt, der tiefe Einblicke in die
inneren Vorgänge von Schneelawinen ermöglicht. Das Messsystem ist
bereits an einem Testhang im Wallis installiert, wo das Schweizer
Institut für Schnee- und Lawinenforschung im Winter 2016/17 Messungen
damit durchführen möchte. Das neue Wissen um Lawinen könnte dazu
beitragen, bessere Vorrichtungen zur Abwehr zu realisieren.

Dichte und Druck wichtig

"Was genau passiert, wenn sich eine Lawine den Berg
hinunterbewegt, weiß man nicht, da man sie bislang nur von außen
beobachtet hat", sagt Forscher Christoph Baer. Es ist bereits bekannt,
dass Lawinen aus mehreren Schichten bestehen, die sich wie Festkörper,
Flüssigkeiten oder staubhaltige Gase verhalten. Der neue Sensor erfasst
Variationen der Schneedichte in der Staubschicht.

Die Dichte hat unter anderem Auswirkungen auf den
Aufpralldruck der Lawine, welcher maßgeblich für ihre Zerstörungskraft
ist. Nur wenn die Schneedichte bekannt ist, lässt sich das
Lawinengeschehen korrekt strömungsmechanisch simulieren. Mittels Radar
erfasst das in Bochum entwickelte System, wie viele Schneepartikel sich
in der Staubschicht befinden. Je mehr Schnee enthalten ist, desto
langsamer breitet sich die Radarwelle aus. So können die Forscher
Rückschlüsse auf die Schneedichte ziehen und diese in Echtzeit
aufzeichnen.

Abgang noch 2016 erwartet

Der Sensor besteht aus Flugzeugaluminium, da er während
der Messung den enormen Kräften der Lawine standhalten muss. Er ist
etwa einen Meter lang, 30 Zentimeter dick und wiegt 70 Kilogramm. Eine
Lawine hat einen Aufpralldruck von bis zu sechs Bar. "Das entspricht
einem Druck von 3,5 Tonnen – also zwei Autos – auf die Fläche eines
DIN-A4-Blattes", erklärt Baer. "Sie rollt direkt über unseren Sensor. Es
ist eine Herausforderung, dass er an dem Testmast hängenbleibt und
brauchbare Messergebnisse liefert", weiß der Forscher.

Bis zum Jahresende rechnet das Wissenschaftler-Team vom Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung http://slf.ch mit ersten Schneefällen im abgesperrten Testgebiet Vallée de la Sionne.
Sollte dort nicht von selbst eine Lawine abgehen, wird sie am Ende des
Winters durch eine kontrollierte Sprengung ausgelöst. Das würde dann
wertvolle Messdaten liefern.