dreidimensionales Drucken ermöglicht
das Herstellen äußerst kleiner und komplexer Strukturen auch in kleiner
Serie. Durch ein am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
entwickeltes Verfahren lässt sich erstmals auch Glas für diese Technik
nutzen. Aufgrund seiner Eigenschaften wie Transparenz,
Hitzebeständigkeit und Säureresistenz eröffnen sich mit der Verwendung
von Glas im 3D-Druck vielfältige neue Anwendungsmöglichkeiten für die
Fertigung und Forschung, zum Beispiel in der Optik, der Datenübertragung
und Biotechnologie. Das Verfahren wird nun im Fachmagazin Nature
veröffentlicht und auch auf der Hannover Messe vorgestellt.
Glas ist einer der ältesten Werkstoffe der
Menschheit. Jetzt lässt sich das schon im alten Ägypten und antiken Rom
verwendete Material auch mit der Fertigungstechnik des 21. Jahrhunderts
verarbeiten. Ein interdisziplinäres Team am KIT um den
Maschinenbauingenieur Dr. Bastian E. Rapp hat ein Verfahren entwickelt,
mit dem sich Glas für die additive Fertigungstechnik nutzen lässt. Die
Forscher mischen Nanopartikel hochreinen Quarzglases mit einer kleinen
Menge flüssigen Kunststoffs und lassen diese Mischung durch Licht –
mittels Stereolithografie – an bestimmten Stellen aushärten. Das flüssig
gebliebene Material wird in einem Lösungsmittelbad herausgewaschen, so
bleibt nur die gewünschte, ausgehärtete Struktur bestehen. Der in dieser
Glasstruktur noch eingemischte Kunststoff wird anschließend durch
Erhitzen entfernt. „Die Form ähnelt zunächst einem Sandkuchen, sie ist
zwar geformt, aber instabil, deshalb wird das Glas in einem letzten
Schritt gesintert, also so weit erhitzt, dass die Glaspartikel
miteinander verschmelzen“, erklärt Rapp. Er forscht am KIT am Institut
für Mikrostrukturtechnik und leitet eine Arbeitsgruppe, der Chemiker,
Elektrotechniker und Biologen angehören. Unter dem Titel
„Three-Dimensional Printing of Transparent Fused Silica Glass“ stellen
die Wissenschaftler das Verfahren in der Fachpublikation Nature vor.
Die verschiedenen Techniken des 3D-Drucks
eigneten sich bislang zwar für die Verwendung von Kunststoffen oder
Metallen, nicht jedoch für Glas. Wurde Glas bisher, zum Beispiel durch
Schmelzen und Applizieren mittels einer Düse, zu Strukturen verarbeitet,
wurde die Oberfläche sehr rau, das Material war porös und enthielt
Hohlräume. „Wir stellen eine neue Methode vor, die eine Innovation in
der Materialprozessierung bedeutet. Das Material des gefertigten Stücks
ist hochreines Quarzglas mit seinen entsprechenden chemischen und
physikalischen Eigenschaften“, so Rapp. Die von den Wissenschaftlern am
KIT gefertigten gläsernen Strukturen weisen Auflösungen im Bereich
weniger Mikrometer auf – ein Mikrometer entspricht einem Tausendstel
Millimeter. „Die Abmessung der Strukturen kann aber im Bereich mehrerer
Zentimeter liegen“, betont Rapp.
Einsetzen ließe sich 3D-geformtes Glas zum
Beispiel in der Datentechnik. „Die übernächste Generation von Computern
wird mit Licht rechnen, das erfordert komplizierte Prozessorstrukturen,
mit Hilfe der 3D-Technik könnten beispielsweise kleine, komplexe
Strukturen aus einer Vielzahl kleinster, unterschiedlich ausgerichteter
optischer Komponenten hergestellt werden“, erläutert der
Maschinenbauingenieur. Für die biologische und medizinische Technik
ließen sich kleinste Analyse-Systeme aus Miniatur-Glasröhrchen fertigen.
Zudem könnten 3D-geformte Mikrostrukturen aus Glas in
unterschiedlichsten Anwendungsgebieten der Optik zum Einsatz kommen, vom
Brillenglas mit besonderen Anforderungen bis zur Linse der
Laptop-Kamera.
Die Entwicklung der Forscher um
Nachwuchsgruppenleiter Bastian E. Rapp ist ein Ergebnis im Zuge der
Nachwuchsförderung „NanoMatFutur“, mit der das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) die Entwicklung von Werkstoffinnovationen
für Industrie und Gesellschaft unterstützt. Die Arbeit der von Rapp
geleiteten Forschergruppe wird vom BMBF seit 2014 für insgesamt vier
Jahre mit rund 2,8 Millionen Euro gefördert. „Unsere Forschung
profitiert sehr vom interdisziplinären Miteinander verschiedener
Institute am KIT, so sind neben dem Institut für Mikrostrukturtechnik
unter anderem Kollegen vom Institut für Nukleare Entsorgung und vom
Institut für Angewandte Materialien an dem Projekt beteiligt“, sagt
Rapp.
Videos und mehr Informationen zur aktuellen Veröffentlichung sowie dem Vorgängerprojekt finden Sie unter: http://www.pkm.kit.edu/liquidglass.php
Die nun vorgestellte Technologie ist auch
eines der Themen auf dem Stand des KIT auf der Hannover Messe vom 24.
bis 28. April 2017 (Halle 2, B16 – „Research and Technology“). Weitere
Informationen: http://www.kit.edu/kit/pi_2017_043_hannover-messe-innovative-technologien-fuer-energiewende-e-mobilitaet-und-materialwissenschaften.php
Frederik Kotz, Karl Arnold, Werner Bauer,
Dieter Schild, Nico Keller, Kai Sachsenheimer, Tobias M. Nargang,
Christiane Richter, Dorothea Helmer, Bastian E. Rapp: Three-Dimensional
Printing of Transparent Fused Silica Glass. Nature,
DOI:10.1038/nature22061