gefäßerweiternde Stents,
„Labs-on-Chip“ für Analysen auf kleinster Fläche, 3-D-Zellkultursysteme
für die Geweberekonstruktion: Mikrotechnik wird für die Medizintechnik
immer wichtiger. Auch in der Implantologie öffnet sie neue Potenziale.
Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben
gemeinsam mit Experten für Zahnimplantate eine nanostrukturierte
Oberfläche entwickelt, welche die Wundheilung nach der Implantation
künftig beschleunigen und besser gegen den Einfall von Bakterien
schützen kann.
„Mikrotechnik kann Zahnimplantate nachhaltig
verbessern“, sagen Professor Andreas Guber und Dr. Ralf Ahrens, die am
Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT) des KIT die Forschungsgruppe
„Biomedizinische Mikrotechnik“ (BioMEMS) leiten. Moderne Zahnimplantate
bestehen aus einer Titan-Schraube, die als Wurzelersatz in den
Kieferknochen eingebracht wird, einem damit verbundenen „Stützpfeiler“ –
auch „Abutment“ genannt – aus Titan für den Zahnersatz und der
sichtbaren Zahnkrone. Titan ist das Material der Wahl. Es ist
biokompatibel und sorgt für ein gutes Einwachsen der Schraube in den
Knochen, die so genannte Osseointegration. Optimierungen von
Zahnimplantaten fokussierten sich bislang vor allem auf die
Titanoberfläche der Schraube, um diesen Prozess weiter zu verbessern.
Problematisch ist aber, dass Zahnimplantate sich auch nach erfolgreicher
Osseointegration entzünden können.
Haupteinfallstor für Bakterien ist das
Abutment. An diesem Implantteil wächst das Zahnfleisch häufig nicht
richtig an. Dadurch können sich Taschen bilden, über die Bakterien bis
zum Kieferknochen gelangen und dort Entzündungen hervorrufen können. In
diesem Fall bleibt in der Regel nur die Entfernung des gesamten
Implantats. Diese potentielle Problemstelle will das BioMEMS-Team
schließen. Die Forschungen basieren auf einer beim
Implantat-Spezialisten „Abutments4life“ entwickelten Optimierung: Kaum
haarbreite Rillen umlaufen das Abutment und steuern die für die
Wundheilung zuständigen Zellen gezielt in die richtige Richtung. So kann
die Wunde schneller verheilen. „An diesem System setzen wir an“,
berichtet Patrick Doll, Wissenschaftler am IMT. Bei der
Weiterentwicklung stehen zwei Dinge im Fokus. Zum einen eine präzisere
Strukturierung der Rillen für eine noch genauere Steuerung der Zellen
und zum anderen die Suche nach der optimalen Nanooberfläche, die den
Bakterien möglichst wenige Chancen zum Andocken bietet.
Mit dem Elektronenstrahlschreiber hat Doll
säulenförmige Strukturen mit einem Durchmesser von 100 Nanometern und
einer Höhe von 500 Nanometern hergestellt, hieran Adhäsionsexperimente
mit typischen Testkeimen wie S. Aureus, E coli oder P. aeruginosa
durchgeführt und die Strukturen dabei immer wieder verändert. Dabei
zeigte sich: Abhängig von Abstand und Anordnung der Säulen reduziert
sich die Anhaftung der Bakterien und die Bildung eines Biofilmes
verzögert sich. Den nachwachsenden Zellen bleibt dadurch mehr Zeit, um
die Wunde zu verschließen – ein Effekt, den ansonsten nur Antibiotika
erzielen.
„Wir glauben, dass unser struktureller Ansatz
zukunftsweisend ist“, betont Doll. Die Herstellung der Nano-Strukturen
gelingt auf Silizium-Basis fehlerfrei und reproduzierbar. Verfahren für
die Übertragung auf Titan haben die Wissenschaftler im Zuge des
Projektes ebenfalls entwickelt. Nach der ersten Forschungsphase im Labor
soll in Kürze die präklinische Erprobung folgen. Anwendungspotenziale
über die Zahnmedizin hinaus sehen die Experten unter anderem bei
Knochenplatten, Hörimplantaten oder künstlichen Gelenken.
Das Projekt wurde gefördert vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Partner des IMT war
der Implantat-Hersteller „Abutments4Life“. Die biologischen
Untersuchungen wurden an der Klinik für Zahnerhaltungskunde und
Parodontologie des Universitätsklinikums Freiburg durchgeführt.