Nanoreaktoren revolutionieren Chemie

Nanoreaktoren revolutionieren Chemie

Russische Wissenschaftler erreichen hohe Energieeinsparung in Kombination mit Licht

Künstlerische Grafik eines winzig kleinen Nanoreaktors (Bild: Allen Dressen)
Künstlerische Grafik eines winzig kleinen Nanoreaktors (Bild: Allen Dressen)

Moskau (pte015/11.10.2018/10:30) – Forscher der Russischen Universität der Völkerfreundschaft http://eng.rudn.ru haben nanometergroße Reaktoren entwickelt, die die Herstellung von
Pharmaka, Düngemitteln, Pestiziden, Lebensmittelzusätzen und anderen
Produkten revolutionieren könnten. Es handelt sich um winzige Würfel mit
extrem dünnen Wänden aus Titandioxid. Da die Wände extrem dünn sind,
kann Licht ungehindert einfallen. Das beschleunigt die Reaktion der
Stoffe, die sich im Inneren befinden oder ermöglicht sie erst.

Zimmertemperatur reicht aus

Die Reaktionen laufen bei Zimmertemperatur ab, während sie im Normalfall
oft erst bei hohen Temperaturen und Drücken in Gang kommen. Trotzdem
ist, so die Wissenschaftler, die neue Methode 28 Mal effektiver als die
klassische. Photokatalyse nennt sich dieses Verfahren, das dazu angetan
ist, den gewaltigen Energiehunger der chemischen Industrie massiv zu
reduzieren. Titandioxid gilt als eines der wichtigsten
photokatalytischen Materialien. In feinster Pulverform reinigt es
beispielsweise Wasser von organischen Verschmutzungen, wenn das
ultraviolette Licht der Sonne hilft.

Rafael Luque, Direktor des Zentrums für molekulares Design, und sein
Team haben zwei Jahre benötigt, um die hohlen Nanowürfel (BHC-TiO2) zu
entwickeln. Die Herstellung findet in vier Hauptschritten statt.
Zunächst stellen die Chemiker Nanowürfel aus Hämatit her, einem
weitverbreiteten Eisenoxid (Fe2O), und überziehen es mit Titandioxid. Im
zweiten Schritt entfernen die Forscher das Hämatit mit Salzsäure. Übrig
bleibt nur die Hülle aus Titandioxid. Anschließend erhitzen sie den
Würfel in einer Atmosphäre aus Wasserstoff und Argon auf eine Temperatur
von über 500 Grad Celsius. Danach sind die BHC-TiO2 fertig.

Extrem vielseitige Einsetzbarkeit

"Unsere Würfel lassen sich leicht herstellen, sind sehr haltbar und
können für unterschiedliche Reaktionen genutzt werden", so Luque. In
ersten Experimenten gelang unter anderem die Synthese von Benzimidazol,
einem wichtigen Ausgangsmaterial für die Herstellung von Arzneimitteln,
Farben und Kunststoffen. Dabei verließen sich die Forscher allerdings
nicht auf das natürliche Sonnenlicht, das zu wenig ultraviolettes Licht
enthält. Sie setzten Halogenstrahler ein.

Bei realer Produktion sind den Experten nach Millionen dieser Reaktoren
einsetzbar, sodass auch große Mengen herstellbar sind. Nanoreaktoren
haben neben der Energieeinsparung noch einen weiteren wesentlichen
Vorteil. In ihnen selbst lassen sich hochexplosive Materialien ohne
sonderliche Sicherheitsvorkehrungen verarbeiten. Wenn es zu einem Unfall
kommt, sind die Folgen wegen der Winzigkeit des Reaktionsraums
vernachlässigbar gering.