NADINE: Energiespeicher im Kraftwerksmaßstab

die Speicherung großer Energiemengen ist ein ungelöstes Problem auf dem Weg in ein CO2-neutrales
Energiesystem. Zukünftig wollen das Karlsruher Institut für Technologie
(KIT), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die
Universität Stuttgart gemeinsam geeignete Energiespeicher entwickeln. Zu
diesem Zweck haben die Forschungseinrichtungen nun den Aufbau einer
entsprechenden Forschungsinfrastruktur vereinbart, den Nationalen
Demonstrator für Isentrope Energiespeicher (NADINE). Errichtet werden
soll die Versuchsanlage zur Entwicklung von Energiespeichern im
Kraftwerksmaßstab in Karlsruhe und Stuttgart.

Energiespeicher für die
schwankende Wind- und Solarstromproduktion sind für den Erfolg der
Energiewende von entscheidender Bedeutung. Bislang fehlen aber
ortsunabhängige und kostengünstige Speicher im Kraftwerksmaßstab. Das
KIT, das DLR und die Universität Stuttgart planen deshalb den
gemeinsamen Bau der Forschungsanlage NADINE (Nationaler Demonstrator für
Isentrope Energiespeicher), mit der kostengünstige und nahezu
verlustfrei arbeitende Energiespeicher entwickelt werden sollen.
Mithilfe von NADINE soll beispielsweise der Einsatz von Flüssigmetallen
erforscht werden, die neuartige thermische Speicher ermöglichen. Das
genaue Design der Forschungsanlage wird aktuell im Rahmen eines
18-monatigen Projekts erarbeitet, das Anfang dieses Jahres startete.
Gefördert wird das Designprojekt vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie sowie vom Wirtschaftsministerium des Landes
Baden-Württemberg. Gestern Abend (8. Oktober 2018) unterzeichneten die
drei Forschungseinrichtungen in Stuttgart eine Vereinbarung, in der sie
sich auf die Errichtung der Forschungsinfrastruktur in Karlsruhe und
Stuttgart festlegten.

„Große
gesellschaftliche Herausforderungen wie die Energiewende lassen sich nur
umsetzen, wenn man Kräfte bündelt und eng zusammenarbeitet“, sagt
Professor Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung des KIT. „Ich freue
mich deshalb sehr, dass wir bei NADINE unsere Expertise im Bereich der
Flüssigmetalltechnologien einbringen können. Gemeinsam mit unseren
Partnern werden wir die Entwicklung der dringend benötigten
Energiespeicher im Kraftwerksmaßstab entscheidend vorantreiben.“
Koordiniert wird die neue Forschungskooperation vom DLR. Professorin
Pascale Ehrenfreund, die Vorstandsvorsitzende des DLR, sagt: „Die
Energiewende gehört zu den dringenden Herausforderungen unserer
Gesellschaft. Mit der Entwicklung von Speichern arbeitet das DLR in der
Energieforschung an Lösungen für eines der Schlüsselthemen. Effiziente
Speicher können eine zuverlässige Energieversorgung bei einem immer
größer werdenden Anteil erneuerbarer Energien sichern. Überdies können
große Wärmespeicher dazu beitragen, die CO2-Emissionen von Kohlekraftwerken durch Umbau zu Wärmespeicherkraftwerken weltweit zu reduzieren.“

Carnot-Batterien in ehemaligen Kohlekraftwerken

Die Speicherung von
elektrischer Energie im Gigawattstunden-Maßstab ist mit
Pumpspeicherkraftwerken und Batteriespeichern prinzipiell bereits heute
möglich. Allerdings können in Deutschland kaum weitere
Pumpspeicherkraftwerke gebaut werden, Batteriespeicher in dieser
Größenordnung sind derzeit zu teuer und nicht langlebig genug. Das
hinter NADINE stehende Konzept sieht vor, flexible und nahezu
verlustfreie Energiespeicher zu entwickeln, so genannte isentrope
Speicher. Als isentrop wird ein Prozess bezeichnet, der in einem
abgeschlossenen System stattfindet, bei dem es zu keinem Wärme- oder
Materieaustausch mit der Umgebung kommt. Ein vielversprechendes Konzept
für einen isentropen Speicher ist beispielsweise die Carnot-Batterie.
Bei dieser wird Strom mithilfe von Wärmepumpen in Wärme und bei Bedarf
wieder zurück in Strom umgewandelt. Für die Realisierung solcher
Wärmespeicherkraftwerke im Großformat ist es vorstellbar, die bestehende
Infrastruktur in stillgelegten Kohlekraftwerken zu nutzen, wie es die
Bundesregierung im Koalitionsvertrag als Beitrag zum Klimaschutz
vorgesehen hat.

Die
Forschungsinfrastruktur NADINE wird für drei typische Temperaturebenen
in Energiespeichern und -wandlern ausgerichtet. In Stuttgart sind ein
Nieder- und ein Hochtemperatur-Labor für Technologien bis etwa 700 Grad
Celsius geplant. Erforscht werden sollen damit innovative Konzepte für
Carnot-Batterien. „Durch eine intelligente Kombination aus Wärmepumpen,
Wärmespeichern, Kältespeichern und Wärmekraftmaschinen können wir nicht
nur elektrische Energie speichern, sondern noch Zusatznutzen wie etwa
die Kühlung von Rechenzentren erzeugen“, sagt Professor André Thess,
Koordinator von NADINE und Direktor des DLR-Instituts für Technische
Thermodynamik. In Karlsruhe wird sich das Modul für Temperaturen
jenseits der 600 Grad Celsius befinden. Damit soll der Einsatz flüssiger
Metalle für Carnot-Batterien und thermische Speicher erforscht werden:
„Flüssige Metalle haben hervorragende Wärmetransporteigenschaften und
sind bei sehr hohen Temperaturen einsetzbar“, sagt Professor Thomas
Wetzel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik des KIT. „In der
Forschung zur Flüssigmetalltechnologie werden gerade vielversprechende
innovative Prozesse zur hocheffizienten Umwandlung von Wärme in
elektrische Energie und Kraftstoffe entwickelt, die hervorragend in das
Konzept von NADINE passen.“ In den NADINE-Laboren werden über eine
„Wärmeplattform“ Wärmesenken und Wärmequellen bereitgestellt, auf denen,
ähnlich wie in einem Windkanal, einzelne Komponenten und auch komplette
isentrope Energiesysteme erforscht werden können. Dabei erproben die
Forscher zum Beispiel, wie die unterschiedlichen Speichereinheiten
ausgelegt sein müssen, welche Materialien geeignet sind und wie die
einzelnen Komponenten am besten zusammenspielen.

Nobelpreisträger plädiert für Wärmespeicher

Für die Forschung an
thermischen Energiespeichern im Großformat gibt es von der
internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft immer mehr Zuspruch. So
war der Physik-Nobelpreisträger Robert Laughlin von der Stanford
University Ehrengast bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung zum
Bau von NADINE. Er ist der Initiator des Speicherprojekts MALTA von
Google X und sprach sich in einem Vortrag für die wärmebasierte
Stromspeicherung aus, wie sie im Rahmen von NADINE entwickelt werden
soll.

Details zum KIT-Zentrum Energie: http://www.energie.kit.edu