(KIT) – Das Bundesministerium für Bildung- und Forschung (BMBF) fördert das internationale Forschungsprojekt CARE-O-SENE (Catalyst Research for Sustainable Kerosene) mit 30 Millionen Euro. Es soll die Herstellung nachhaltigen Kerosins im industriellen Maßstab verbessern. Hierfür entwickeln die Verbundpartner, darunter das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), maßgeschneiderte Katalysatoren, um die in der Kraftstoffproduktion etablierte Fischer-Tropsch-Synthese (FTS) für die Nutzung erneuerbarer Energieträger weiterzuentwickeln.
Mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent sind fossile Energieträger noch immer der mit Abstand wichtigste Rohstoff für Kraftstoffe, das Heizen und die chemische Industrie (Quelle: International Energy Agency, IEA). Nachhaltige Kraftstoffe basieren auf grünem Wasserstoff und Kohlendioxid – und soll wesentlich dazu beitragen, Sektoren wie die Luftfahrt zu dekarbonisieren, in denen fossile Energieträger besonders schwer zu ersetzen sind. Im Projekt CARE-O-SENE forschen deshalb sieben südafrikanische und deutsche Projektpartner an Fischer-Tropsch-Katalysatoren der nächsten Generation.
Maßgeschneiderte Katalysatoren für die Fischer-Tropsch-Synthese
Im Fokus des anwendungsorientierten Projekts steht die Entwicklung von ressourcenschonenden Katalysatoren für die Fischer-Tropsch-Synthese. Bei diesem Verfahren werden Wasserstoff und Kohlenmonoxid unter hohem Druck und hohen Temperaturen zu Kohlenwasserstoffen und Wasser umgesetzt. Die noch leicht weiter modifizierten Kohlenwasserstoffe sind die Grundlage des Kerosins. Durch die Verwendung grünen Wasserstoffs und Kohlendioxids aus biogenen Quellen oder durch Separation aus der Luft (Direct Air Capture) erhält man auf diese Weise nachhaltiges Kerosin.
„Die Katalysatoren müssen effizienter, selektiver und langlebiger werden“, sagt Professor Jan-Dierk Grunwaldt vom Institut für Katalyseforschung und -technologie (IKFT) des KIT und Vorsitzender des Komitees Forschung mit Synchrotronstrahlung. Für die Entwicklung eines optimalen Designs untersuchen er und sein Team Strukturen und Verhalten der bei der FTS eingesetzten Kobalt-Katalysatoren unter realen Prozessbedingungen – bei über 200 Grad und einem Druck von mehr als 20 bar. „Wir wollen das genau verstehen, um dann maßgeschneiderte Katalysatoren entwickeln zu können“, so Grunwaldt.
Für die Untersuchungen setzt das Team Methoden der Synchrotron-Forschung ein: Sie nutzen hochenergetische Photonen, um zum einen mittels Röntgenabsorptionsspektroskopie den chemischen Zustand der einzelnen Metall-Partikel und zum anderen mittels Röntgenbeugung die Strukturen des gesamten Katalysators zu untersuchen. „Damit können wir FTS-Katalysatoren erstmals im laufenden Betrieb bei der Arbeit zuschauen und dies bis auf die molekulare Ebene“, sagt Dr. Anna Zimina, Leiterin der CATACT-Messlinie an der KIT Light Source.
Die Messungen geben nicht nur Aufschluss über störende Strukturveränderungen, die während der chemischen Reaktion entstehen können und die Ausbeute des Zielprodukts erniedrigen. Die hierbei entstehenden Daten fließen auch in theoretische Modelle und Nachhaltigkeitsberechnungen ein. Auf dieser Basis können die Forschenden Vorhersagen treffen, wie der Katalysator sich verändert und welche Anpassungen notwendig sind, um auf dieser Basis den industriellen Prozess stabil, ökologisch nachhaltig und wirtschaftlich zu gestalten. „Theoretische Berechnungen erlauben es uns heutzutage, die molekularen Prozesse auf Katalysatoren abzubilden und somit besser zu verstehen. Dies hilft dann Vorhersagen für bessere Katalysatoren zu machen“, sagt Professor Felix Studt, Leiter der Abteilung Theoretische Katalyse am IKFT.
Das KIT erhält von den Fördermitteln des BMBF rund fünf Millionen Euro. Ein Teil davon geht an die Universität Kapstadt als Unterauftragnehmer.
Ziel: dezentral und selektiver sowie in größerem Maßstab produzieren
Regionen wie Südafrika, in denen Solar- und Windenergie zuverlässig und über einen langen Zeitraum für die Erzeugung grünen Wasserstoffs zur Verfügung stehen, bieten nach Überzeugung der an CARE-O-SENE beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler große Potenziale, um grünes Kerosin entweder dezentral in modularen Anlagen, aber auch in größerem Maßstab zu produzieren. „Dieses Potenzial wollen wir mit diesem Projekt und unseren starken Konsortialpartnern heben und die Ausbeute erhöhen“, sagt Grunwaldt.
Über CARE-O-SENE
Das BMBF fördert CARE-O-SENE mit 30 Millionen Euro. Zusätzlich steuern die industriellen Konsortiumspartner zehn Millionen Euro bei. An dem Forschungsvorhaben, das ein wichtiger Baustein der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ist, beteiligen sich sieben Partner aus Südafrika und Deutschland. Die Koordination liegt bei dem integrierten Chemie- und Energieunternehmen Sasol und dem Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie. Als dritter großer Partner ist das KIT mit dem Institut für Katalyseforschung und -technologie und dem Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion beteiligt. Weitere Partner sind die Ineratec GmbH, eine Ausgründung aus dem KIT, die Universität Kapstadt, zu der vom KIT seit Jahren intensive Beziehungen existieren, und das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS). (sur)