Menschliche innere Uhr steuert wichige Körperfuktion:

wie bereiten sich Muskelzellen auf einen anstrengenden Arbeitstag vor? Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München und der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), Mitglieder im Deutschen
Zentrum für Diabetesforschung (DZD), haben diese Frage untersucht und
die Ergebnisse in ‚PLOS Biology‘ publiziert. Die Arbeit deckt ein ganzes
Stoffwechselnetzwerk auf, das wider Erwarten nicht durch das Gehirn
sondern über die ‚innere Uhr‘ der Muskelzellen gesteuert wird.

Quasi alle Zellen des menschlichen Körpers
besitzen eine eigene innere Uhr. Sie steuert sämtliche Vorgänge, die
nicht gleichzeitig stattfinden oder nicht mit immer gleicher Intensität
ablaufen sollen. „Das betrifft beispielsweise die Verwertung von
Nährstoffen wie Fett und Proteinen“, erklärt Prof. Dr. Henriette
Uhlenhaut. Sie ist Gruppenleiterin am Institut für Diabetes und
Adipositas des Helmholtz Zentrums München (IDO) sowie am Genzentrum der LMU.
„Gerät die innere Uhr des Körpers aber aus dem Takt, so kann das
schwere Folgen für den Stoffwechsel haben. So ist beispielsweise
bekannt, dass Menschen, die viel im Schichtdienst arbeiten, besonders
anfällig für Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes sind.“

In der aktuellen Arbeit konzentrierte sich das
Team um Uhlenhaut nun erstmals auf den 24-Stunden-Stoffwechsel-Rhythmus
der Muskeln. „Wir hatten speziell zwei Proteine im Blick, die als
sogenannte Master Regulatoren der inneren Uhr fungieren“, sagt Dr.
Kenneth Dyar, Wissenschaftler am IDO und Erstautor der aktuellen Studie.
„Diese beiden Moleküle binden an die DNA und stoßen alle nachfolgenden
Prozesse an.“ In Muskelzellen von Mäusen konnten die Wissenschaftler die
Aktivität dieser beiden Proteine im Tagesverlauf sehr genau ermitteln.
„Dabei haben wir angefangen bei der Bindung an das Erbgut über die zu-
oder abnehmende Genaktivität bis hin zu den entsprechenden Gen- und
Stoffwechselprodukten alles gemessen“, erklärt Kenneth Dyar den
umfassenden Ansatz. Aufbauend auf früheren Studien untersuchten die
Wissenschaftler den Auf- und Abbau von Fetten und Proteinen – ein Ansatz
der auch für Sportler interessant sein dürfte.

Stoffwechselnetzwerk aufgedeckt

In Zusammenarbeit mit italienischen und
österreichischen Kollegen (vom Venezianischen Institut für Molekulare
Medizin sowie den Universitäten von Padua, Triest und Graz) arbeiteten
die Wissenschaftler bestimmte Vorgänge heraus, die nachts von den
Regulatoren der inneren Uhr angeschaltet werden: „Darunter fällt
beispielsweise das Speichern von Fett, der Zuckerstoffwechsel oder die
Sensitivität gegenüber dem Hormon Insulin“, erklärt Henriette Uhlenhaut.
Gleichzeitig würden gegenläufige Prozesse wie die Fettsäureoxidation
oder der Proteinabbau heruntergefahren, so die Autoren. Diese Muster
seien vor allem in den Stunden vor dem Aufwachen besonders ausgeprägt
und bereiten die Muskeln auf den kommenden Tag vor.

Im letzten Schritt untersuchten die
Wissenschaftler Eingriffsmöglichkeiten in diese Vorgänge. Dazu
beobachteten sie Mäuse, bei denen einer der Master Regulatoren fehlte.
Ohne ihre innere Uhr bildeten die Tiere deutlich weniger Fettmasse und
die Produktion von Muskelproteinen wurde erhöht. „Zusammengenommen deckt
unsere Arbeit auf mehreren Ebenen ein ganzes Stoffwechselnetzwerk auf“,
erklärt Studienleiterin Uhlenhaut. „Biologisch spannend dabei ist auch,
dass der Taktgeber dafür nicht wie zu vermuten zentral im Gehirn sitzt,
sondern die innere Uhr der Muskelzellen selbst ist.“ Langfristig wollen
die Autoren die Mechanismen auch im Menschen untersuchen und eine
Möglichkeit finden, darin einzugreifen. So wäre es demnach denkbar, eine
Insulinresistenz bei Typ-2-Diabetes zu bekämpfen, oder die
Energieverbrennung anzukurbeln, um krankhaftes Übergewicht zu
reduzieren.  

Weitere Informationen

Hintergrund:
Konkret
verglichen die Autoren die genomweite Bindung der beiden
Transkriptionsfaktoren BMAL1 und REV-ERBα. Die Autoren Michaël Hubert
und Katrin Fischer sind Teilnehmer am Doktoranden-Ausbildungsprogramms
Helmholtz Graduate School Environmental Health, kurz HELENA.

Original-Publikation:
Dyar, K. et al. (2018): Transcriptional programming of lipid and amino acid metabolism by the skeletal muscle circadian clock. PLOS Biology, DOI: 10.1371/journal.pbio.2005886