Rauchstopp lohnt sich – trotz zusätzlicher Kilos auf der Waage
Mögliche Gewichtszunahme verringert gesundheitlichen Nutzen nur unwesentlich
Wiesbaden
– Wer darüber nachdenkt, mit dem Rauchen aufzuhören, sollte sich von
einer möglichen Gewichtszunahme nicht abhalten lassen. Denn obwohl auch
Übergewicht mit Gesundheitsrisiken verbunden ist, überwiegt der
gesundheitliche Nutzen durch einen Nikotinverzicht noch immer deutlich.
Das ist das Ergebnis einer umfangreichen US-Studie, die kürzlich in der
renommierten Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“
erschienen ist. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V.
(DGIM) nimmt den Forschungsbericht zum Anlass, einmal mehr auf die
Risiken des Tabakkonsums hinzuweisen.
Nikotin
dämpft den Appetit und steigert den Grundumsatz – zwei Effekte, die
dabei helfen, das Körpergewicht zu reduzieren. Umgekehrt gehört ein
gesteigerter Appetit zu den typischen Symptomen des Tabakentzugs. Im
Durchschnitt legen Ex-Raucher daher vier bis fünf Kilo zu, wenn sie
konsequent auf die Zigarette verzichten. „Lange Zeit war unklar, ob
dieser Effekt den Gewinn an Lebenszeit, der durch den Rauchstopp erzielt
wird, teilweise wieder zunichte macht“, sagt Professor Dr. med. Claus
Vogelmeier, Pneumologe und Direktor an der Klinik für Innere Medizin des
Universitätsklinikums Marburg. Diese Bedenken könne die aktuelle Studie
jedoch zerstreuen.
Die
US-Forscher griffen auf die Daten von drei großen Langzeitstudien
zurück und konnten darin über 160 000 Teilnehmer identifizieren, für die
durchgehende Angaben zu Gewicht, Rauchstatus und Gesundheit vorlagen.
In durchschnittlich fast 20, manchmal sogar 30 Jahren der
Nachbeobachtung ergab sich ein umfassendes Bild zu den Veränderungen,
die ein Rauchstopp im Vergleich zu einer fortgesetzten Raucherroutine
mit sich bringt. Der Wermutstropfen zuerst: Eine Gewichtszunahme während
des Nikotinentzugs blieb durchaus nicht ohne gesundheitliche Folgen.
Das Risiko, einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln, stieg in den ersten fünf
bis sieben Jahren nach dem Rauchstopp zunächst an, fiel danach jedoch
wieder ab. „Das Diabetes-Risiko stieg dabei umso stärker, je mehr
Gewicht die Teilnehmer zulegten“, erläutert Vogelmeier, Vorsitzender der
DGIM. So waren Menschen, die weniger als fünf Kilo zulegten, von dem
Anstieg nahezu ausgenommen. Wer allerdings mehr als zehn Kilo zunahm,
hatte ein im Vergleich zu fortgesetzten Rauchern um 60 Prozent erhöhtes
Diabetes-Risiko.
Das
wichtigste Ziel des Rauchverzichts blieb davon jedoch unberührt:
Unabhängig von der Gewichtszunahme lag das Risiko, an einer
Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, bei allen Ex-Rauchern deutlich
niedriger als bei denjenigen Teilnehmern, die weiterhin zur Zigarette
griffen. Auch das allgemeine Sterberisiko, in dessen Berechnung auch
alle anderen Todesursachen eingingen, wurde durch den Rauchverzicht
deutlich gesenkt. „Dieser Effekt stellt sich sehr rasch nach dem
Rauchstopp ein und wird in den ersten zehn bis fünfzehn Jahren immer
größer“, sagt Vogelmeier.
Wie
die US-Forscher betonen, lässt sich das deutliche Absinken des
Mortalitätsrisikos – oder anders ausgedrückt: der deutliche Gewinn an
Lebenszeit – für alle Gewichtsgruppen beobachten. Lediglich bei einer
sehr kleinen Zahl von Teilnehmern, die sechs Jahre nach dem Rauchstopp
eine sehr starke Gewichtszunahme von mehr als 18 Kilogramm zu
verzeichnen hatten, näherte sich das Risiko, an einer
Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, allmählich wieder dem von
Immer-Noch-Rauchern an. „Als Fazit bleibt festzuhalten: Ein Rauchstopp
lohnt sich immer“, sagt auch DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med.
Ulrich R. Fölsch aus Kiel. Dies gelte auch für andere internistische
Erkrankungen wie Rheuma und Magen-Darm-Leiden, die bei rauchenden
Patienten häufig deutlich stärker ausgeprägt seien. Um den
Gesundheitsgewinn auch wirklich auszuschöpfen, sei es aber ratsam,
Strategien für einen Rauchstopp ohne massive Gewichtszunahme vorab mit
dem behandelnden Arzt zu besprechen.