Magnetwirbel-Antennen für drahtlose Datenwege
Dreidimensionale Magnetwirbel entdeckten Wissenschaftler des
Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) gemeinsam mit Kollegen des
Paul Scherrer Instituts (PSI) im Rahmen einer internationalen
Kooperation. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift �Physical
Review Letters� veröffentlicht (DOI: 10.1103/PhysRevLett.110.177201).
Wirbelzustände sind mögliche Antennen für die ultraschnelle, drahtlose
Datenübertragung der Zukunft.
�Magnetische Wirbelzustände wurden bisher nur in zwei Dimensionen, also
innerhalb einer Fläche, beobachtet�, erklärt Sebastian Wintz, Physiker
am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Sie treten typischerweise in
nanometerkleinen Magnetscheiben auf. In einer Kooperation untersuchte
Wintz nun mit Kollegen des Schweizerischen Paul Scherrer Instituts
dreidimensionale magnetische Schichtsysteme: Die Forscher stapelten
jeweils zwei Magnetscheiben, getrennt durch eine dünne nichtmagnetische
Metallschicht, übereinander. Der spezielle Aufbau führt dazu, dass sich
alle um die Zwischenschicht herumliegenden Magnete zu gleichgerichteten,
dreidimensionalen Wirbeln anordnen � eine vollkommen neue Beobachtung.
Die Magnetwirbel helfen den Forschern, magnetische Materialien
grundlegend besser zu verstehen. Sie bieten aber auch vielversprechende
Anwendungen, zum Beispiel in der Informations- und
Kommunikationstechnologie. �Die dreidimensionalen Magnetwirbel könnten
stabile und leistungsstarke Antennen für die ultraschnelle, drahtlose
Übertragung von Informationen ermöglichen, zum Beispiel beim Mobilfunk
oder W-Lan�, sagt Wintz. Warum das so ist, verrät ein genauerer Blick in
eine einzelne Magnetscheibe sowie das am HZDR hergestellte magnetische
Schichtsystem.
In einer Magnetscheibe sind alle Magnete � wie einzelne Stabmagnete
hintereinander � im Kreis angeordnet. Auch wenn sich die Magnete nicht
bewegen, sprechen Wissenschaftler von Magnetwirbeln, eben �statischen�.
In der Mitte der Magnetscheiben, dem Wirbelkern, können sich die Magnete
nicht weiter im Kreis ausrichten; sie zeigen aus ihm heraus, entweder
nach oben oder nach unten. Ein solcher Magnetwirbel eignet sich als
Antenne für die drahtlose Datenübertragung: Legt man einen Gleichstrom
an, fängt der Wirbelkern an, sich im Kreis zu drehen. Dabei strahlt er
charakteristische elektromagnetische Wellen ab. Wird die Geschwindigkeit
aber zu hoch, wird das System instabil, die Magnetisierungsrichtung
klappt um und die Funkwelle wird unterbrochen. Die Magnete im Wirbelkern
richten sich nun in entgegengesetzter Richtung aus, beginnen wieder sich
zu drehen und senden erneut Wellen aus � bis die Geschwindigkeit wieder
zu hoch wird. Eine kontinuierliche Datenübertragung ist damit also nicht
möglich.
Das ist anders, wenn man zwei Magnetscheiben, getrennt durch eine dünne
nichtmagnetische Metallschicht, übereinander stapelt. Die Struktur ist
extrem flach; jede Magnetscheibe ist ca. zehn Nanometer dick und hat
einen Durchmesser von etwa 500 Nanometern. Die Zwischenschicht kann dazu
führen, dass in jeder Magnetscheibe die Magnete nicht genau im Kreis
zeigen, sondern entweder leicht Richtung Wirbelkern geneigt sind oder
nach außen. Je näher die Magnete an der Metallschicht liegen, desto mehr
sind sie außerdem in Richtung dieser Barriere gekippt. Und zwar so, dass
alle � sowohl über als auch unter der Zwischenschicht � in die gleiche
Richtung zeigen: Die Magnete bilden zwischen Kern und äußerem Rand einen
statischen, dreidimensionalen Wirbel um die Metallschicht herum.
Da die Magnete ganz innen fast senkrecht liegen und benachbarte Magnete
immer in die gleiche Richtung zeigen, sind auch die senkrecht stehenden
Magnete in den Wirbelkernen zweier übereinanderliegender Magnetscheiben
stets gleich ausgerichtet: Sie folgen dabei der Richtung des
Magnetwirbels. Ein einfaches Umklappen der Magnete ist dadurch nicht
mehr möglich. �Die dreidimensionalen Magnetwirbel stabilisieren die
Magnetisierung im Wirbelkern. Magnetische Schichtsysteme, wie die von
uns hergestellten, eignen sich deshalb vermutlich für Wirbelantennen
besser als vergleichbare Einzelschichten�, fasst Sebastian Wintz
zusammen. Selbst bei hohen Drehgeschwindigkeiten bleibt die magnetische
Richtung im Wirbelkern so erhalten. �Es ist denkbar, Frequenzen von mehr
als einem Gigahertz, also eine Milliarde Umdrehungen pro Sekunde, zu
erreichen. In diesem Bereich arbeiten zum Beispiel W-Lan-Netze�, so
Wintz weiter.
Um die Magnetscheiben mit hauchdünner metallischer Zwischenschicht
herzustellen, nutzte er die Elektronenstrahl-Lithografie am HZDR. �Wir
haben das seltene Metall Rhodium benutzt und schließlich die gewünschten
Eigenschaften erreicht, indem wir die Dicke und Rauigkeit der Schichten
verändert haben�. Die Magnetwirbel kamen an der Synchrotron Lichtquelle
Schweiz (SLS) des Schweizerischen Paul Scherrer Instituts zum Vorschein.
Synchrotronlicht ist eine besonders intensive Form von Licht, das in
seinen Eigenschaften genau an die Bedürfnisse eines Experiments
angepasst werden kann. Die Arbeitsgruppe von Jörg Raabe betreibt an der
SLS ein Raster-Transmissions-Röntgen-Mikroskop, es kann
Magnetisierungsrichtungen mit einer Auflösung von 20 Nanometern direkt
abbilden und die Signale zweier verschiedener magnetischer Schichten
voneinander trennen. Mit der gleichen Methode wollen die Forscher als
nächstes das Verhalten der Magnetscheiben-Paare als hochfrequente
Wirbelantennen untersuchen.
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Publikation:
S. Wintz, C. Bunce, A. Neudert, M. Körner, T. Strache, M. Buhl, A. Erbe,