Leuchtende Nanopartikeln entdecken Krebs

Tarnkappen-Technologie für leuchtende Nanopartikel

Einem
Forscherteam des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) ist es in
Kooperation mit Wissenschaftlern der australischen Monash University
gelungen, die Stabilität und Biokompatibilität spezieller Nanopartikel
erheblich zu steigern. Das Team hat sogenannte Upconverting
Nanoparticles – „aufwärtskonvertierende“ Partikel, die Infrarotstrahlung
in kurzwelliges Licht umwandeln – so modifiziert, dass sie
wasserlöslich werden, selbst in komplexen Körperflüssigkeiten wie
Blutserum stabil bleiben und Medikamente speichern können. Damit haben
sie ein Werkzeug geschaffen, das den Kampf gegen Krebs deutlich
effektiver machen könnte. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher
im Fachjournal „Angewandte Chemie“ (DOI: 10.1002/anie.201811003).

Nanopartikel
sind winzige Strukturen, die  bis etwa 100 Nanometer groß und damit
rund 1000 Mal kleiner sind als ein menschliches Haar im Querschnitt
misst. Die Biomedizin nimmt diese Materialien zunehmend in den Fokus:
Mit entsprechenden Eigenschaften ausgestattet, könnten sie in der
Blutbahn fast jedes Gewebe im menschlichen Körper erreichen – die
perfekten Körper-Sonden.

Seit
einigen Jahren ist bekannt, dass die Verteilung der Nanopartikel im
Körper wesentlich durch deren Größe und Oberflächeneigenschaften
bestimmt wird. Letztere hat sich Dr. Tanmaya Joshi am Institut für
Radiopharmazeutische Krebsforschung des HZDR bei den „Upconvertern“
genauer angeschaut: „Diese Nanopartikel sind sehr interessant für die
biomedizinische Bildgebung“, erläutert der Chemiker. „Sie lassen sich
mit  Infrarotstrahlung anregen und senden dann intensives blaues, grünes
oder rotes Licht aus. Falls es uns gelingt, derartige Nano-Sonden
zielgerichtet zu erkrankten Geweben zu navigieren, ist das besonders für
die Krebsdiagnose von großer Bedeutung“, fügt der Photochemiker des
Teams, Dr. Massimo Sgarzi, hinzu.

Allerdings
sind diese Lichtwandler-Partikel nur schlecht oder gar nicht in Wasser
löslich – und damit auch nicht in Gewebeflüssigkeiten. Auch ansonsten
lassen ihre Eigenschaften zu wünschen übrig, sodass an eine
diagnostische oder therapeutische Verwendung bislang nicht zu denken
war. Für das Team war dieses Hindernis ein Ansporn: „Mit einer
speziellen Mischung von Polymeren ist es uns gelungen, die Partikel
komplett zu ummanteln“, sagt Joshi, der 2017 von der Monash University
als Humboldt-Stipendiat an das HZDR kam. Die Schutzhülle macht die
Lichtwandler-Nanopartikel biokompatibel: „Die Upconverter werden dadurch
wasserlöslich, und sie besitzen eine neutrale Oberflächenladung. Unsere
Untersuchungen haben ergeben, dass sie kaum an körpereigene Substanzen
in Blutserum binden. Mit anderen Worten: Die Nanopartikel scheinen unter
einer Tarnkappe zu stecken. Wir gehen davon aus, dass sie dadurch auch
nicht von den Fresszellen des Immunsystems erkannt und eliminiert
werden“, beschreibt Biologe Dr. Kristof Zarschler

Um
die neuen Nano-Sonden auch in einer komplexen biologischen Umgebung
wochenlang stabil zu halten, vernetzen die Wissenschaftler die
Komponenten der Schutzhülle photochemisch miteinander: „Wir haben unsere
Nanopartikel ganz einfach mit UV-Licht bestrahlt. Dadurch bilden sich
zusätzliche Bindungen zwischen den Bausteinen der Hülle aus – wir haben
sozusagen die Einzelteile der Tarnkappe mithilfe von Licht miteinander
vernäht“, erklärt Doktorandin Anne Nsubuga: „Unter dieser Hülle, die nur
wenige Nanometer dünn ist, kann man womöglich sogar weitere Substanzen
verstecken, Krebsmedikamente beispielsweise. Sie könnten von den
Nanopartikeln gezielt in einem Tumor freigesetzt werden und ihn dann
zerstören.“

In
einem nächsten Schritt will das Team herausfinden, ob sich ihre
aktuellen Ergebnisse auch in lebenden Organismen bestätigen lassen:
„Dazu müssen wir zunächst streng reglementierte und ethisch vertretbare
Tierversuche durchführen. Wenn die Tarnkappen-Technologie auch dort
funktioniert, widmen wir uns dem medizinischen Potenzial im Detail und
fassen auch Anwendungen am Patienten ins Auge“, erläutert Gruppenleiter
Dr. Holger Stephan.