Lebensbedrohliche Lungenembolie
Neue Leitlinie: Experten empfehlen nuklearmedizinische Untersuchung
Berlin
– Plötzliche Luftnot, starke Brustschmerzen: Wenn ein Blutgefäß in der
Lunge verstopft, droht Lebensgefahr. Ärzte müssen sich sofort Gewissheit
verschaffen, um die richtige Therapie einleiten zu können. Der
Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) weist darauf hin,
dass dies besonders bei Frauen wegen der nur geringen Strahlenbelastung
mit einer Szintigraphie geschehen sollte. So legt es die neue deutsche
Leitlinie zur „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der
Lungenembolie“ fest.
Jährlich
sterben in Europa 370.000 Menschen an einer Lungenembolie, in
Deutschland sind es 7.000. „Davon ereignen sich 90 Prozent aller
Todesfälle innerhalb von zwei Stunden nach Symptombeginn“, berichtet der
BDN-Vorsitzende Professor Dr. med. Detlef Moka. Ursache ist ein in der
Lunge verstopftes Blutgefäß – meist durch ein Blutgerinnsel, das sich
etwa aus einer Beinvenenthrombose losgelöst hat und zum Herzen gewandert
ist. Gerade bei jüngeren Frauen während der Schwangerschaft und im
Wochenbett ist diese Gefahr aufgrund hormoneller Veränderungen und der
Zunahme des Blutvolumens besonders hoch, in dieser Lebensphase zählt die
Venenthrombose mit Lungenembolie zu den führenden Todesursachen. „Jeder
Verdacht muss deshalb sofort und definitiv abgeklärt werden“, betont
BDN-Experte Moka.
Wie
die neue Leitlinie feststellt, ist die Lungenszintigraphie bei
Schwangeren zu bevorzugen, wenn es um die Diagnostik der Lungenembolie
geht. Denn die Strahlenbelastung für die Brüste ist bei diesem
bildgebenden Verfahren deutlich geringer als bei einer
Computertomographie (CT), schreiben die Autoren der neuen
interdisziplinären Leitlinie. „In der Schwangerschaft sind die Brüste
sehr empfindlich, da ist das Sicherheitsprofil der Szintigraphie mit
Blick auf die Brustkrebsgefahr günstiger als eine CT“, erläutert Moka.
„Das gilt darüber hinaus für alle Frauen bis zum Alter von 50 Jahren,
deren Brustgewebe noch hormonell aktiv ist.“
Bei
der Szintigraphie spritzen die Ärzte radioaktiv markierte
Eiweißteilchen in die Vene der Patienten, die sich in schlecht
durchbluteten Gefäßen der Lunge weniger gut anreichern – Verstopfungen
werden so über eine Kamera sichtbar gemacht. „Die Strahlenbelastung der
Lungenszintigraphie entspricht der Dosis von Röntgenaufnahmen und liegt
damit unterhalb der jährlichen natürlichen Strahlenbelastung in
Deutschland“, sagt Moka. Konkret: Die Strahlenbelastung der
Lungenszintigraphie beläuft sich auf ein bis zwei mSv (milli-Sievert),
jeder Mensch ist einer natürlichen Strahlung ausgesetzt, die etwa zwei
mSv pro Jahr beträgt. „Ein negativer Effekt für das ungeborene Kind
durch die nuklearmedizinische Untersuchung ist nicht nachweisbar“,
ergänzt der Nuklearmediziner.
Auch
bei Patienten mit Nierenschwäche wird bei Verdacht auf Embolie eine
Lungenszintigraphie empfohlen. „Bei ausgeprägter Nierenschwäche kann das
Kontrastmittel, das bei einer CT-Untersuchung gegeben wird, zu einem
Nierenversagen führen“, begründet Moka. Patienten mit einer
Schilddrüsenerkrankung sollten ebenfalls von einer Computertomographie
Abstand nehmen. Da die meisten Röntgen-Kontrastmittel Jod enthalten,
kann die Untersuchung eine Schilddrüsenüberfunktion provozieren – mit
beispielsweise Herzrhythmusstörungen als mögliche Folge. Hier rät die
neue Leitlinie ebenfalls zur Szintigraphie.
Anders
verhält sich die Situation bei einem ansonsten gesunden Patienten, der
mit Verdacht auf Lungenembolie eingeliefert wird. „In diesen Fällen ist
eine Computertomographie angezeigt“, erklärt BDN-Experte Moka. Gleiches
gilt für einen älteren herzkranken Mann, der Symptome einer
Lungenembolie zeigt. „Weil verschiedene Ursachen in Frage kommen, sind
die Herzultraschalluntersuchung oder eine Computertomographie besser
geeignet, um die Diagnose abzusichern“, erklärt der Nuklearmediziner.
Handelt
es sich um eine weniger schwere Lungenembolie, können
gerinnungshemmende Medikamente ein weiteres Wachstum des Blutgerinnsels
verhindern. In ernsteren Fällen veranlassen die Ärzte eine
Lyse-Therapie, die das Gerinnsel auflösen soll. Bei besonders schweren
Embolien verschaffen sich Spezialisten über einen Katheter Zugang zur
Lunge, um den Blutpfropf mechanisch zu zerkleinern. „Doch egal, welcher
Schweregrad schließlich vorliegt, der Verdacht auf eine Lungenembolie
ist immer ein Notfall“, betont Moka.
Quelle: