Laufzeiten für europäische Kernkraftwerke

Längere Laufzeiten für europäische Kernkraftwerke
Internationaler Workshop im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (15. –
16.01.2014)

Rund um Deutschland entstehen neue Kernkraftwerke und werden die
Laufzeiten für vorhandene Anlagen verlängert. Deshalb ist es wichtig,
dass auch in Zukunft deutsche Experten die Sicherheit der Kernkraftwerke
in unseren Nachbarländern bewerten können, unabhängig vom
Ausstiegsbeschluss der deutschen Regierung. So sind auch Wissenschaftler
aus Deutschland an dem von der Europäischen Union mit rund 2,7 Mio. Euro
geförderten Projekt LONGLIFE beteiligt. Die Projektpartner haben
untersucht, wie Druckbehälter von Kernkraftwerken altern und
präsentieren ihre Ergebnisse auf einem internationalen Workshop, an dem
über 70 Experten aus aller Welt teilnehmen. Das EU-Projekt wurde vom
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) koordiniert.

Europäische Kernkraftwerke sind in der Regel für einen Betrieb von circa
40 Jahren ausgelegt. Unabhängig von der Energiewende und dem damit
verbundenen Ausstiegsbeschluss in Deutschland werden weltweit die
Voraussetzungen für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke (60 bis 80
Jahre) geschaffen.

Auch bei längeren Laufzeiten dürfen Alterungseffekte in den
Reaktormaterialien die Sicherheit der Kernkraftwerke nicht
beeinträchtigen. Der Zustand der Werkstoffe wird daher regelmäßig
überwacht. Im Laufe des Betriebs verändern die Reaktormaterialien durch
die hochenergetische Neutronenstrahlung, die bei der Kernspaltung im
Reaktor entsteht, allmählich ihre mechanischen Eigenschaften und
verlieren an Zähigkeit – sie werden spröde. Dieser Versprödungseffekt
wird durch die auf atomarer Ebene stattfindende Wechselwirkung der
Neutronen mit dem Metallgitter der Werkstoffe hervorgerufen und spiegelt
sich etwa im Bruchverhalten von Materialproben wider.

Bei längeren Laufzeiten sind die Materialien insgesamt einer höheren
Neutronendosis ausgesetzt. Welchen Einfluss hat dies auf die
Materialien? Sind die Verfahren und Vorhersagemodelle, mit denen die
Versprödung bisher überwacht wird, auch für den Langzeitbetrieb von
Kernkraftwerken geeignet oder müssen sie angepasst werden? Diese Fragen
standen im Mittelpunkt des EU-Projektes LONGLIFE, an dem 16 Partner aus
neun europäischen Ländern beteiligt gewesen sind.

Die Versprödung im Langzeitbetrieb wurde anhand einer Vielzahl
unterschiedlich bestrahlter Materialproben, die von den Projektpartnern
bereitgestellt wurden, untersucht. Dabei können die mechanischen
Eigenschaften bestrahlter Werkstoffe nur in „heißen Zellen“, wie sie am
HZDR vorhanden sind, getestet werden. Besonders interessiert sind die
Forscher dabei an dem Einfluss, den die Intensität der Bestrahlung (der
sogenannte Neutronenfluss) in einer bestimmten Zeit auf die Materialien
hat. So zeigen Materialien, die über viele Jahre mit einem niedrigen
Neutronenfluss bestrahlt wurden, andere Veränderungen auf atomarer Ebene
als Werkstoffe, die über einen kürzeren Zeitraum einem hohen
Neutronenfluss ausgesetzt waren. Dieser und andere für die
Langzeitbestrahlung bedeutsamen Effekte können nun bei der Überwachung
der Alterung der Materialien berücksichtigt werden. Eine entsprechende
Richtlinie wurde im Rahmen von LONGLIFE erarbeitet.