Künstliche Synapsen simulieren Gehirn
Synapsen: Forscher nutzen natürliches Vorbild (Foto: flickr.com/Manel Torralba) |
Amherst (pte004/29.09.2016/06:10) –
Wissenschaftler der University of Massachusetts Amherst http://umass.edu haben ein neuartiges elektronisches Bauteil entwickelt, das in der Lage
sein soll, die neuronalen Verbindungen im menschlichen Gehirn so
naturgetreu wie möglich zu simulieren. Der sogenannte "Memristor" ahmt
dabei die Art und Weise nach, wie sich Kalzium-Ionen an der Kreuzung
zwischen zwei Neuronen im Gehirn verhalten. Diese Kreuzung wird als
Synapse bezeichnet. Von der neuen künstlichen Version erhoffen sich die
Forscher "signifikante Fortschritte bei der Entwicklung von
neuromorphischen Computern", die herkömmliche Rechner in punkto
Energieeffizienz und Lernfähigkeit deutlich überflügeln sollen.
"Natürlichere, genauere Simulation"
"In der Vergangenheit haben die Leute Geräte wie
Transistoren und Kondensatoren verwenden müssen, um das dynamische
Verhalten von Synapsen im Gehirn zu simulieren", zitiert "LiveScience"
Joshua Yang, Projektleiter und Professor an der Fakultät für Electrical
and Computer Engineering http://ece.umass.edu . Manchmal habe das zwar funktioniert. "Diese Geräte haben aber
keinerlei Ähnlichkeit zu echten biologischen Systemen", betont Yang.
Daher seien sie in ihrer Funktionsweise auch nicht sehr effizient
gewesen. "Das Ergebnis waren größere Systeme mit einem höheren
Energieverbrauch und einer eingeschränkten Genauigkeit", so der
Wissenschaftler.
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass das menschliche
Gehirn über rund 100 Mrd. Neuronen und schätzungsweise eine Quadrillion
– eine Mio. Mrd. – Synapsen verfügt. "Ein Computer, der vom Gehirn
inspiriert ist, sollte im Idealfall nicht nur dessen enorme
Rechen-Power, sondern auch dessen Effizienz nachahmen können. Mit den
dynamischen Synapsen unseres Systems können wir das menschliche Gehirn
auf eine viel natürlichere, direktere und genauere Weise simulieren als
bisher", ist Yang überzeugt.
Silber-Nanopartikel und Silizium-Film
Der "diffusive Memristor" besteht aus verschiedenen
Clustern von Silber-Nanopartikeln, die in einen hauchdünnen Film aus
Silizium-Oxynitriden eingebettet sind. Dieser Film fungiert als
Isoliermaterial, das bei der Zuschaltung eines elektrischen
Stromimpulses durch eine Kombination aus Hitze und elektrischen Kräften
zum Aufbrechen des Clusters führt. Durch den entstandenen Bruch können
dann Nanopartikel diffundieren, die elektrische Spannung von einer
Elektrode zur andern übertragen. Wird der Stromimpuls abgeschaltet,
sinkt die Temperatur und die winzigen Partikel verschmelzen wieder zu
Clustern.
"Weil dieser Prozess sehr ähnlich abläuft wie bei
Kalzium-Ionen in biologischen Synapsen, kann das künstliche Bauteil die
kurzlebige Plastizität von Neuronen sehr gut nachahmen", erläutert Yang.
Und genau hier liege auch der zentrale Knackpunkt zur Erreichung von
Gehirn-ähnlichen Computern. "Das menschliche Gehirn ist immer noch der
leistungsstärkste und effektivste Computer, der jemals entwickelt wurde.
Es ist wesentlich kompakter gebaut und ressourcensparender als alle
traditionellen elektrischen Geräte. Unser Ansatz erlaubt es vielleicht
sogar, künstliche Synapsen zu bauen, die noch kleiner sind als ihre
natürlichen Vorbilder", fasst der Forscher zusammen.