Kann der Verlauf von Multipler Sklerose beeinflusst werden?

Exzellenzcluster
"Entzündungsforschung"
und Universität zu Lübeck


Kann der Verlauf von Multipler Sklerose
beeinflusst
werden?
Neu entdecktes Gen kontrolliert
Nervenleitungsgeschwindigkeit
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
des
Exzellenzclusters „Entzündungsforschung“ und der Universität zu Lübeck
haben ein
Gen identifiziert, welches die Übertragungsgeschwindigkeit von
Nervenfasern
beeinflusst. Bei der Erkrankung Multiple Sklerose (MS) ist diese
Nervenleitungsgeschwindigkeit verändert. Die neuen Erkenntnisse könnten

zukünftige Therapien dieser Erkrankung beeinflussen. Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft finanzierte die Studie, die jetzt (Mittwoch,
13.08.) in
der internationalen Fachzeitschrift American Journal of Pathology
veröffentlicht
wurde.

Das Forschungsteam des Lübecker Instituts
für
Experimentelle Dermatologie und des Instituts für Medizinische Biometrie
und
Statistik untersuchte gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus
München,
Magdeburg, Spanien, Österreich und Schweden die genetischen Ursachen für

veränderte Nervenleitungsgeschwindigkeiten. Die genetischen
Informationen für
den Aufbau sämtlicher Körperstrukturen sind in Chromosomen gespeichert.
Bisher
war bekannt, in welchem Abschnitt des Chromosoms die Informationen für
Nervenleitungsgeschwindigkeiten liegen. Diesen Chromosomenbereich
identifizierte
Doktor Susanne Lemcke, Erstautorin der aktuellen Studie und Mitglied im

Exzellenzcluster „Inflammation at Interfaces“, im Rahmen ihrer
Promotionsarbeit.
„In einer langwierigen Feinkartierung haben wir aus mehreren Hundert
Genen die
in Frage kommenden herausgesiebt“, berichtet Lemcke. Ein
Chromosomenbereich
enthalte zu viele Gene, als das man sie alle detailliert untersuchen
könne.

Etwa zehn Gene, die für eine Steuerung der

Nervenleitungsgeschwindigkeit in Frage kamen, wurden von den
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genauer untersucht. Das
sogenannte
Kandidatengen, welches veränderte Leitungsgeschwindigkeiten in den
Nerven
verursacht, wiesen die Forscherinnen und Forscher schließlich im
Mausmodell
nach. „Wir konnten zeigen, dass kleine Varianten im Genom, sogenannte
SNPs, die
Ausbreitung der Signale entlang der Nervenfaser beeinflussen. Es ist
faszinierend, dass solche genetischen Mutationen, die jeweils nur einen

einzelnen ‚Genbuchstaben‘ an einer bestimmten Stelle des Erbguts
verändern,
Einfluss auf die Nervenleitungsgeschwindigkeit haben“, fasst Lemcke die
neuen
Erkenntnisse zusammen.

Bei einer zusätzlichen Studie, die gesunde
und an
MS erkrankte Personen verglich, konnte ein Zusammenhang zwischen dem
Vorkommen
der neu entdeckten Genvariante und dem Auftreten von MS nachgewiesen
werden.
„Unsere Ergebnisse könnten zu neuen Ansatzmöglichkeiten für die
Prävention und
Behandlung von MS führen“, erklärt Studienleiter und Clustermitglied
Professor
Saleh Ibrahim. „In unserem nächsten Schritt wollen wir erforschen, wie
stark
Veränderungen im Genom mit dem Schweregrad der MS Erkrankung assoziiert
sind.“
Originalpublikation:

Lemcke,
S., Müller, S., Möller, S., Schillert, A., Ziegler, A., Cepok-Kauffeld,
S.,
Comabella, M., Montalban, X., Rülicke, T., Kutty, S. N., Hemmer, B.,
Holmdahl,
R., Pahnke, J., and Ibrahim, S.M. (2014): Nerve Conduction Velocity Is
Regulated
by the Inositol-Polyphosphate-4-Phosphatase II Gene, American Journal of

Pathology, 185 (3),