Infektionsexperten in der Klinik senken Sterblichkeit

Infektionsexperten in der Klinik senken Sterblichkeit

DGIM für stärkere Infektiologie für Deutschland

Wiesbaden/Mannheim
– Zwischen 10 000 und 15 000 Menschen sterben nach derzeitigen
Schätzungen jährlich in deutschen Kliniken an Krankenhausinfektionen.
Studien zeigen, dass die Überlebenschancen von Patienten mit Infektionen
steigen, wenn ein Spezialist für Infektionskrankheiten in die
Behandlung eingebunden ist. Dafür brauche es eine starke Infektiologie,
meint die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Die DGIM
begrüßt deshalb auch den Zehn-Punkte-Plan von Bundesgesundheitsminister
Gröhe gegen multiresistente Erreger. Warum Infektiologen zu jeder Klinik
gehören sollten, erläutern Experten auf einer Pressekonferenz im Rahmen
des 121. Kongresses der DGIM am 21. April 2015 in Mannheim.

Wenn
Menschen an Infektionen erkranken, sei es durch Viren oder Bakterien,
kann dies lebensbedrohlich sein – insbesondere wenn die Erreger sehr
widerstandsfähig sind. „Die Sterblichkeit von Patienten ist
beispielsweise erhöht, wenn Ärzte nicht sofort das richtige Antibiotikum
einsetzen und die Patienten optimal weiterbetreuen“, warnt
Privatdozentin Dr. med. Norma Jung vom Universitätsklinikum Köln. Der
weitere Verlauf der Infektion hänge dann unmittelbar  von der Expertise
des Klinikpersonals ab: Studien zeigen, dass Erkennen und Behandlung von
Infektionen bei Krankenhauspatienten besser verlaufen, wenn sich der
behandelnde Arzt mit einem Infektiologen berät. Besonders deutlich ist
dieses Ergebnis für gefährliche Blutstrominfektionen mit dem Erreger
Staphylococcus aureus. Aber auch Patienten mit einer Entzündung des
Herzens, einer Endokarditis, profitieren von einem interdisziplinären
Ärzte-Team mit einem Kardiologen, einem Herzchirurgen und einem
Infektiologen. „Dieser Konsilservice kann lebensrettend sein“, so Jung,
die den 121. Internistenkongresses mit organisiert.

Auch
bei Krankenhausinfektionen helfen diese fachübergreifenden Teams: Bei
neuartigen oder „multiresistenten“ Erregern, gegen die nur wenige
Antibiotika wirken, sollte ein Infektiologe beratend eingreifen. „Es ist
nötiger denn je, dass wir die verbliebenen wirksamen Antibiotika
effektiv einsetzen“, betont Jung. Eine infektiologische Beratung sollte
dabei häufiger zu einem gezielten Einsatz der richtigen Präparate führen
und den unkritischen Einsatz von Breitbandantibiotika mindern. Geschehe
diese nicht, gingen uns bald die wirksamen Medikamente aus, meint Jung.

Gemäß
dem aktuellen Zehn-Punkte-Plan des BMG sollen Wissenschaft und
Industrie dafür gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dazu gehört auch,
Forschung an Krankenhausinfektionen und Antibiotika zu fördern. Die DGIM
setzt sich dafür mit ihren Korporativen Mitglieder bereits seit vielen
Jahren ein: „Vorbehalte und Barrieren zwischen diesen beiden Bereichen
dürfen nicht dazu führen, dass am Ende die Patienten darunter leider und
nicht zuletzt der Forschungsstandort Deutschland“, betont der
Vorsitzende der DGIM, Professor Dr. med. Michael Hallek aus Köln, der
den 121. Internistenkongress leitet.

Im
internationalen Vergleich liegen deutsche Kliniken mit ihrer
infektiologischen Expertise derzeit zurück. Schätzungen zufolge fehlen
allein in Krankenhäusern mindestens 1 000 qualifizierte Fachkräfte. Auch
ist die Infektiologie als eigener Fachbereich nur selten vertreten. „Es
müssten dringend mehr Weiterbildungsstellen geschaffen werden, um
ausreichend Infektiologen für ihre Arbeit zu qualifizieren“, sagt Dr.
Norma Jung, die auf dem Kongress das Thema in einer Pressekonferenz
beleuchtet. Internistische Infektiologen engagieren sich in der
Fortbildung im Bereich der rationalen Antiinfektivaverordnung – dies
spricht auch der Zehn-Punkte-Plan von Bundesgesundheitsminister Gröhe
an. Es Bedarf Fortbildungen durch klinisch erfahrene Kollegen, die
Befunde in der Zusammenschau interpretieren und daraus Entscheidungen am
Krankenbett im Sinne des Patienten fällen können.