Grundlagenforschung und Schlüsseltechnologien
Mit dem
Begriff Elektrochemie verbindet heute fast jeder Batterien und
Batterieforschung. Und in der Tat sind Elektrochemiker und
Materialforscher
zurzeit gefragte Wissenschaftler, geht es doch um das noch immer nicht
zufriedenstellend gelöste Problem der Speicherung elektrischer Energie –
man denke nur an die Speicherung von Sonnen- oder Windenergie oder an
Elektroautos. Auf der internationalen Tagung
Electrochemistry 2014, die federführend von der Fachgruppe
Elektrochemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) organisiert
wird, spielen daher elektrochemische Energiespeicher eine zentrale
Rolle. Die Tagung, zu der über 400 Teilnehmer erwartet werden,
findet vom 22. bis 24. September an der Johannes Gutenberg-Universität
in Mainz statt.
Bevor sich die Tagung der
Batterieforschung zuwendet, steht ein anderer aktueller Begriff im
Mittelpunkt zweier Plenarvorträge: Nano. Zum einen werden hier
Korrosionsprozesse im Nanometerbereich betrachtet, zum anderen
geht es um Forschung und Anwendung der Galvanotechnik in der
Halbleiterindustrie. Auch hier wird im Nanobereich
gearbeitet.
In Anbetracht der hohen
wirtschaftlichen Schäden, die durch Korrosion an Metallen und
Metalllegierungen entstehen, gehört die Forschung an diesen
elektrochemischen Vorgängen zu den ganz wichtigen Arbeitsgebieten der
Elektrochemiker. Seit man die Oberflächen korrodierender Metalle
beispielsweise mit der Rastertunnelmikroskopie, kombiniert mit
elektrochemischen Messmethoden, untersuchen kann, gelangt man über den
Einblick in die sich neu bildenden Nanostrukturen u.a. auch
zu neuen Wegen der Passivierung von Oberflächen. In der
Halbleiterindustrie werden die einzelnen Bauteile beispielsweise von
Mikroprozessoren oder Speichermedien mit Kupfer zusammengeschaltet, das
elektrolytisch abgeschieden wird. Bei den heutigen
kleinstdimensionierten
Bauteilen kann man sich leicht vorstellen, dass diese
Kupfer–verbindungen im Nanometerbereich
liegen. Sie sind häufig kürzer als 20 Nanometer. Man kann es nur als
Meisterleistung der physikalisch-chemischen Forschung und Technik
bezeichnen, dass sich solch winzige Strukturen heute fehlerfrei
herstellen lassen.
Das weitere Hauptthema der
Tagung ist die Elektrosynthese. Die Verwendung von
Stromüberangebot zur Erzeugung von
Wertprodukten hat eine aktuelle gesellschaftliche Relevanz. Der
herausragende Vorteil dieser Synthesemethodik ist die Vermeidung von
chemischen Abfällen, die sonst bei der herkömmlichen
organischen Synthese anfallen. So werden neue Strategien in der elektroorganischen
Synthese vorgestellt, die generell als hoch effizient und auch
umweltverträglicher gelten. Diese nachhaltige Produktionsmethodik ist im
akademischen Umfeld Deutschlands fast verschwunden
und wurde an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wiederbelebt. Die
weltweit führenden Forscher dieser Teildisziplin kommen aus Japan nach
Mainz, um die neuesten Fortschritte zu präsentieren, aber auch
Strategien zu diskutieren, wie elektrochemisch erzeugte Chemikalien als lager- und tankbare
Energie genutzt werden können.
Zurück den bekannteren
Energiespeichern, den Batterien. Die Grundlagenforschung über neuartige
Elektroden, Elektrolyte und Separatoren, über Oberflächen- und
Transportprozesse ist in vollem Gange. Die anwendungsbezogene
Forschung kümmert sich darüber hinaus auch um die Aufklärung der
Alterungsprozesse in der Zelle, hervorgerufen etwa durch Lagerung sowie
Ladung und Entladung der Batterie. Die Lithium-Batterien stehen auf der
Mainzer Tagung im Mittelpunkt. Dabei geht es auch
um die Frage, ob den Lithium-Ionen-Batterien oder den
Lithium-Metall-Batterien die Zukunft gehört. Dem Plenarvortragenden zu
diesem Thema, Professor Dr. Martin Winter, zufolge gehört den
Lithium-Metall-Batterien die Zukunft. Doch an diesen Lithium/Luft- oder
Lithium/Schwefel-Batterien werfen Reversibilität und somit
Wiederaufladbarkeit der Sauerstoff- bzw. Schwefelkathoden noch große
Probleme auf.
Anstatt Lithium eignet sich
auch das chemisch verwandte Natrium als Elektrodenmaterial.
Natrium/Schwefel-Batterien werden vor allem in Japan als mittelgroße
Speicher für die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie
eingesetzt. In Deutschland widmet sich die Forschung vor allem der
Natrium-Ionen- und der Natrium/Luft-Batterien. Besonderes Aufsehen
erregte Dr. Pascal Hartmann mit seiner an der Universität Gießen
angefertigten Doktorarbeit über eine bei Raumtemperatur arbeitende,
wieder aufladbare Natrium-Superoxid-Batterie. Ihm gelang es, diese
Metall/Luft-Batterie so zu konstruieren, dass die darin ablaufende
Zellchemie nahezu reversibel verläuft, und er konnte darüber hinaus den
Mechanismus der Sauerstoff-Reduktion aufklären. Hierfür
erhält er am 23. September in Mainz von der GDCh-Fachgruppe
Elektrochemie den Förderpreis 2014 auf dem Gebiet der Elektrochemie,
gestiftet durch die BASF SE. Für seine Forschungsergebnisse war Hartmann
bereits eine Woche zuvor von der GDCh-Fachgruppe Festkörperchemie
und Materialforschung mit dem H.C. Starck-Preis ausgezeichnet
worden.
Weitere Informationen zur
Tagung unter:
www.gdch.de/electrochemistry2014