Gesundheits-TÜV im mittleren Lebensalter
DGIM plädiert für die Beibehaltung und Anpassung des Check-up 35
Wiesbaden
– Mit 35 fühlen die meisten Menschen sich fit und gesund, der Gedanke
an Altersbeschwerden ist noch weit weg. Und doch werden in diesem Alter
bereits die Weichen dafür gestellt, wie viele gesunde Jahre man noch vor
sich hat. Daher wurde vor knapp 30 Jahren der so genannte Check-up 35
ins Leben gerufen – eine Untersuchung, die allen gesetzlich Versicherten
ab 35 offensteht und Risikofaktoren für die häufigsten Volkskrankheiten
ermittelt. Derzeit wird der Check-up im Gemeinsamen Bundesausschuss
(G-BA) neu verhandelt. Im Vorfeld hat die Deutsche Gesellschaft für
Innere Medizin (DGIM) ein Diskussionspapier verfasst, in dem sie
Vorschläge für Änderungen und Ergänzungen am Check-up 35 macht.
Der
Gesundheitscheck kann ab dem 35. Geburtstag alle zwei Jahre in Anspruch
genommen werden und umfasst eine Anamnese, eine körperliche
Untersuchung und die Bestimmung einiger Blut- und Urinwerte, die auf
beginnende oder bislang unentdeckte Probleme wie Nierenschäden,
Herz-Kreislauf-Risiken oder Stoffwechselstörungen wie Diabetes hindeuten
können. „Das Ziel solcher allgemeinen Gesundheitsuntersuchungen ist es,
behandelbare Erkrankungen möglichst früh zu entdecken oder zu
verhindern“, sagt Professor Dr. med. Tilman Sauerbruch, der für die DGIM
die Zusammenarbeit mit dem G-BA koordiniert. Der Wert einer solchen
allgemeinen Gesundheitsuntersuchung war in den letzten Jahren jedoch in
Zweifel gezogen worden, nachdem eine große Metaanalyse keinen Effekt auf
die Überlebenszeit der Teilnehmer gefunden hatte – auch nicht in Bezug
auf Herz-Kreislauf-Todesfälle, obwohl die Suche nach kardiovaskulären
Risikofaktoren einen der Schwerpunkte des Check-ups darstellt.
Die
Internisten verweisen jedoch auf gewichtige Vorteile des Tests jenseits
dieser sogenannten „harten“ Endpunkte. So können sich bei den
Teilnehmern etwa der Blutdruck, der Cholesterinspiegel oder das
Rauchverhalten nach entsprechenden Interventionen verbessern. Auch
„weiche“ Parameter, beispielsweise eine Stärkung des
Arzt-Patient-Verhältnisses, schlagen aus Sicht der DGIM-Experten positiv
zu Buche. „Die Möglichkeit, den Gesundheitszustand unabhängig von
Symptomen regelmäßig zu beurteilen und Anregungen für eine Anpassung des
Lebensstils zu geben, kann man gar nicht hoch genug einschätzen“, sagt
Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der Gesellschaft
aus Kiel. Es werde dadurch außerdem leichter, Patienten zur Teilnahme an
anderen Screenings – etwa zur Krebsvorsorge – oder an Disease
Management-Programmen zu motivieren.
Dennoch
sieht die DGIM auch Raum für Verbesserungen: So spricht das
Positionspapier sich etwa dafür aus, im Rahmen des Check-ups auch den
Serumkreatinin-Wert zu bestimmen, um die Diagnostik von
Nierenerkrankungen zu verbessern. Auch sollten die Blutfettwerte
detaillierter aufgeschlüsselt werden als es der Check-up bislang
vorsieht. Bei Patienten mit vorhandenen Risikofaktoren wie Übergewicht
oder Hypertonie sollte neben der Nüchternglukose auch der HbA1c-Wert
bestimmt werden. Der gerade veröffentlichte Beschlussentwurf des G-BA
berücksichtigt dieses Anliegen bereits.
Bisherige
Daten zu Gesundheitsscreenings belegen, dass die Untersuchungen vor
allem dann sinnvoll werden, wenn der Patient sie wiederholt wahrnimmt.
Bislang sind es besonders ältere Menschen mit guter Bildung, die am
Check-up teilnehmen. „Ein wichtiges Ziel sollte es daher sein, das
Screening bekannter zu machen und verstärkt zur Teilnahme aufzurufen“,
sagt Internist Sauerbruch. Im Sinne einer langjährigen
Arzt-Patienten-Bindung hofft er, dass dann auch viele jüngere Menschen
die Check-up-Untersuchung für sich entdecken, selbst wenn diese
Altersgruppen zunehmend auf digitale Plattformen zurückgreifen.