Gedankenspiele eines intelligenten Demokraten von Laszlo Trankovits

Laszlo Trankovits

„Weniger Demokratie wagen“:

Plötzlich Beifall von der falschen Seite

Der
populäre Ruf nach „mehr Demokratie“ ist nicht nur in
Deutschland — spätestens seit Brexit und Trump-Triumph — fast verstummt.
Nicht ein einziger Grünen-Politiker forderte auf dem jüngsten Parteitag
mehr Bürgerbeteiligung in der großen Politik.

Der
Triumph Trumps hat durchaus auch positive Aspekte. Das beginnt schon
mit den erschrockenen und bestürzten Reaktionen vieler Politiker in
Berlin und Brüssel. Vor allem Deutschlands Parteien hatten bisher die
Wahlergebnisse trotz mancher AfD-Erfolge als Bestätigung interpretiert,
dass die Mehrheit der Menschen ihnen weiter folgen werde, egal, wie groß
die unübersehbare Unruhe und das Unbehagen in der Bevölkerung sein
mögen. Nun aber ahnen auch Merkel, Gabriel, Steinmeier oder Özdemir,
dass auch ihnen ein bitteres Erwachen droht.

Ein
unerwartetes Zeichen dafür ist auch ein für mich spürbares, neu
erwachtes Interesse an meinem 2011 erschienenen Buch „Weniger Demokratie
wagen“.

http://www.fazbuch.de/buecher/sachbuecher-ebooks/weniger-demokratie-wagen

Offenbar
fragen sich angesichts der jüngsten Wahlsensationen manche, wie man des
Volkes unwägbaren Willen besser lenken, die anschwellende Wut der
Menschen irgendwie kontrollieren könnte. Schon nach dem Brexit
veröffentlichte der Stern Auszüge aus meinem Buch, in denen Tücken und
Gefahren beschrieben sind, wenn das Volk direkt mitbestimmt.

Politiker
und Leitmedien bekommen es inzwischen wirklich mit der Angst zu tun.
Der Spiegel beschwört das „Das Ende der Welt“, SPD-Chef Sigmar Gabriel
sieht eine „neue autoritäre und chauvinistische Internationale“ auf dem
Vormarsch. In Berlin und Brüssel herrscht Fassungslosigkeit.

Droht
mir nun Beifall von der falschen Seite für mein „Weniger Demokratie
wagen“? Denn meine Warnung vor direkter Demokratie (verbunden mit einer
heftigen Verteidigung des repräsentativen Systems) richtete sich gegen
die Illusion, mehr Beteiligung der Wähler am politischen Prozess wäre
die beste Antwort auf die grassierende Politikverdrossenheit, auf die
allgemeine Verunsicherung der Menschen in der westlichen Welt angesichts
der dramatischen Folgen von Globalisierung, Strukturwandel und
digitaler Revolution.

Meine
Absicht war aber keineswegs damit zur Stabilisierung der Macht der
jetzt erschrockenen sozialdemokratisch-grünen Herrschaftsklassen (was in
Deutschland größte Teile der Linken wie der CDU einschließt)
beizutragen, die sich zunehmend weniger um die Interessen der Menschen
in ihren jeweiligen Staaten scheren. Denn was Hillary Clinton, Angela
Merkel, Francoise Hollande, Jean-Claude Junker und Martin Schulz
verbindet, ist die elitäre Ignoranz gegenüber dem wachsenden Unbehagen
und Widerwillen in den westlichen Gesellschaften, eine als alternativlos
gepriesene, ganz bestimmte Form der Globalisierung und des
gesellschaftlichen Wandels zu akzeptieren.

Insbesondere
die Verachtung gegenüber dem Nationalstaat, der Versuch, lokale,
regionale Interessen ebenso wie die Anliegen der einheimischen
Bevölkerung oft aufs Übelste zu diskreditieren, stoßen sichtlich auf
immer mehr Widerstand. Unbeachtet — insbesondere von deutschen
Medien — bahnt sich seit Jahren selbst in den weltoffensten,
tolerantesten Gesellschaften der Nachkriegsgeschichte, in den
skandinavischen Ländern, ein dramatischer Wandel an. In Dänemark,
Schweden, Finnland und Norwegen bröckeln rapide die Träume einer
multikulturellen Gesellschaft.

Wenn
die „New York Times“ Angela Merkel als „letzte Verteidigerin des
liberalen Westen“ preist, dann verweist das auch auf die bei uns völlig
verdrängte Tatsache, dass Deutschland mit seinem Sonderweg schon seit
geraumer Zeit ziemlich alleine dasteht. Zunächst beschimpften deutsche
Politiker nur Polen, Ungarn oder Tschechen, inzwischen hat die deutsche
Überheblichkeit und Arroganz auch das Weiße Haus erreicht.

In
den USA, in Frankreich oder Deutschland funktionierten lange die
scharfen, demagogischen Waffen der herrschenden links-ökologischen
Ideologie. Wer diese kritisierte, wer nach nationaler und kultureller
Identität fragte, vor dem Islam warnte, grundsätzliche Zweifel an der
Sinnhaftigkeit von EU und Euro anmeldete, gar die Klima-Politik
ablehnte, Auswüchse und Absurditäten beim Ringen um Gleichberechtigung
der Frau und Schutz von Minderheiten anprangerte, wurde und wird
umgehend stigmatisiert und verhöhnt, in die Ecke von Ungebildeten und
Verblendeten, von Rassisten und Rechtsextremen, von Homo- oder
Islamophoben gedrängt. Diese pathetische, blinde Diskriminierung und
gesellschaftliche Ausgrenzung weist oft selbst einen widerwärtig
rassistischen, sexistischen Unterton gegenüber „weißen, alten Männern“
oder „Ungebildeten“, „Verlierern“ und „Abgehängten“ auf.

Trump,
dieser eitle, ordinäre Volkstribun und Demagoge, hat auch deshalb
gewonnen, weil er die Finger auf die Wunden der amerikanischen
Gesellschaft legte — und damit oft auch europäische Miseren beschrieb.
Trumps Erfolg erklärt sich auch durch die Weigerung oder die Unfähigkeit
der Eliten in den freien Ländern des Westens sich im gesellschaftlichen
Diskurs nüchtern mit den Realitäten, den für die Menschen wichtigen
Problemen und mit den deutlich abweichenden Sichtweisen offen
auseinandersetzen.

Unsere
Eliten weigern sich, sowohl die Realitäten als auch die Wünsche eines
großen Teils der Bevölkerung anzuerkennen und zu respektieren. Über kurz
oder lang wird das böse bestraft werden. Dass dies jetzt in den USA
ausgerechnet mit dem Einzug Trumps ins Weiße Haus geschah, ist zutiefst
verstörend. Vielleicht entpuppt sich Trump tatsächlich als eine
wirkliche Gefahr für unsere freie Welt. Allerdings nicht wegen seiner
dummen, respektlosen Sprüche, sondern dann, wenn die USA nicht mehr
Willens wären, unsere Sicherheit zu garantieren — vor allem aber, wenn
die USA nicht mehr die besonders fragilen Staaten (Baltikum,
Südost-Asien, gar Israel) schützen wollten.

Noch
dürfen sich Merkel, Gabriel und die Grünen nach den Schockwellen aus
Großbritannien und den USA damit rechnen, dass die Uhren zumindest in
Deutschland anders gehen. Nationalbewusstsein hat hier einen recht
geringen Stellenwert. Die Tradition der Freiheit hat dünnere Wurzeln als
anderswo. Appelle an moralische Überlegenheit fallen auf besonders
fruchtbaren Boden. Anti-Amerikanismus, Anti-Kapitalismus und
Anti-Semitismus sind in Deutschland traditionell populär, wie sehr sie
auch immer verborgen und übertüncht daherkommen.

Aber
auch Deutschland ist aufgewühlt, wieder mal verunsichert, schließlich
schwappt vieles an Entwicklungen in Amerika letztendlich auch zu uns.
Die Frage ist natürlich nicht, ob uns nun auch ein Anti-Intellektueller
und Frauengrapscher im Kanzleramt droht. Es sind die großen Themen
Trumps, die auch bei uns enorme gesellschaftliche Sprengkraft bergen.

Die
folgenden sieben zentralen Fragen werden dank der Dominanz einer
links-grünen Kulturhoheit (in den USA liberal genannt) seit mindestens
einem Jahrzehnt nicht mehr sachlich diskutiert, teilweise ignoriert. Vor
allem aber wird jede abweichende Sichtweise diskreditiert und
verleumdet. Ich plädiere deshalb hier eindeutig für „mehr Demokratie“,
allerdings nur in dem Sinne, dass wir wieder eine freie und liberale
Gesellschaft sein müssen, in der der offene, gesellschaftliche Diskurs
nicht mit einer billigen Strategie der Diffamierung abgewürgt werden
darf.

Die
Verweigerung gegenüber dem „politisch Korrekten“ war ein zentrales
Anliegen von Trump und prägte zuweilen auch seine grotesken
Wahlkampfauftritte. Vielen Amerikanern aber gefiel dieser demonstrative
Nonkonformismus, weil sie genug haben von der moralischen Hybris der
kulturellen Elite, überdrüssig sind des Hypes über Rechte und Ansprüche
von Minderheiten. Viele Wähler, besonders praktizierende Christen, sahen
deshalb darüber hinweg, dass Trump sich ziemlich widerwärtig über
Behinderte, Frauen oder Latinos ausließ.

Wichtige Lehren vom Sieg des „Donalds“:

1. Notwendig ist eine klare, starke Antwort auf die islamische Gefahr

Nichts
fordert unsere westliche Welt mehr heraus als der offensive, aggressive
und sich ausbreitende Islam. Fast alle bewaffneten Konflikte und Kriege
heute haben einen islamischen Hintergrund. Weder die Ayatollahs in
Teheran noch Erdogan in Ankara, weder die Hamas noch der IS, weder Al
Kaida noch Boko Haram machen einen Hehl aus ihren Absichten, die Welt
nach islamischen Vorstellungen dominieren zu wollen. Auch in Deutschland
befindet sich der Islam auf vielen Ebenen in der Offensive. Der Westen,
Politik, Kirche und Kultur kennen, bestärkt durch Obamas fragwürdiger
Politik, vor allem Appeasement und Verharmlosung. Die künstliche
Trennung zwischen Islamisten und dem Islam verhindert sowohl wichtige
Debatten als auch energisches Vorgehen.

2. Regierungen dürfen in der Flüchtlingsfrage die nationalen Interessen nicht ignorieren

Millionen
illegaler Immigranten und Flüchtlinge destabilisieren westliche
Gesellschaften. In Westeuropas Städten wuchern islamische
Parallelgesellschaften. Wachsende Kriminalität, überforderte
Schulsysteme und eine neue Unsicherheit im Alltag sind die Folgen. Die
links-alternative Schwärmerei über eine Entnationalisierung Europas und
eine „multikulturelle“ Zukunft wird zumindest derzeit in Deutschland
noch von einer Koalition über alle Parteiengrenzen hinweg getragen.
Erwachen garantiert. Der Zersplitterung der EU und die Etablierung
neuer, unabhängiger Nationalstaaten (Schottland, Katalonien, Flandern?)
scheinen bei vielen Europäern deutlich populärer als die „Vereinigten
Staaten von Europa“.

3. Kampf gegen Flüchtlingsursachen: offensive Außenpolitik und militärisches Engagement

Zig
Millionen Menschen aus Afrika und der islamischen Welt wollen nach
Europa. Die Beseitigung von Fluchtursachen ist unmöglich, solange
kriminelle Eliten in den Staaten dieser Welt ihre eigenen Völker
ausbeuten und missbrauchen, solange irrsinnig hohe Geburtenraten die
enormen Probleme weiter verschärfen. Jahrzehnte der politischen
Unabhängigkeit haben in Afrika und im Nahen Osten mehr oder minder
kaputte Systeme etabliert, die meisten sind tief korrupt und unfähig.
Regimewechsel sind nur sinnvoll, wenn Ordnungsmächte (eigene oder von
außen) funktionierende Gemeinwesen sicherstellen. Der Westen ist bisher
weitgehend desinteressiert und meist zu feige, einzugreifen.
Entwicklungshilfe ist — abgesehen von humanitärer Direkthilfe — in der
Regel völlig sinnlos.

4. Politik und Medien: die Wahrheit den Menschen zumuten

Über
die gesellschaftliche Wirklichkeit liegt in vielen Bereichen ein von
Politik und Medien geknüpfter Deckmantel des Verschweigens. Begründet
wird er mit der Sorge, Menschenrechte zu verletzen, zu diskriminieren,
oder gar Rassisten und Neonazis zu bestärken. In Deutschland führt das
sogar zu skandalösen, von unserer Justiz geduldeten
Gesetzesverletzungen, wenn Bundesbehörden erwiesen falsche Pässe von
Ausländern akzeptieren, andere Behörden die medizinisch mögliche
Feststellung des Alters von jugendlichen Flüchtlingen trotz massenhafter
Falschangaben nicht überprüfen wollen.

Unterdrückt
oder vertuscht werden Berichte über die enormen Probleme mit bestimmten
gesellschaftlichen Gruppen, wie den Schwarzen in den USA oder den
Muslimen in Deutschland. Wenn z.B. fast 40 Prozent der Gefängnisinsassen
in den USA Afro-Amerikaner sind, obwohl der Anteil der Schwarzen nur 13
Prozent der Bevölkerung beträgt, dann sollte nicht nur nach der
Fairness von Polizei und Justiz gefragt, sondern auch über zerrütteten,
sich Integrationsbemühungen verweigernden schwarzen Sub-Kulturen und
Communities gesprochen werden. In Deutschland wird alles getan, um das
Ausmaß der Probleme mit Immigranten und Flüchtlingen zu beschönigen.
Schrecklich, dass die Medien dabei mitspielen.

Die
Journalisten insbesondere in Deutschland kommt eine besonders üble
Rolle zu: In kaum einem Land ist der ökonomische Druck auf die
Redaktionen so gering wie in Deutschland und dennoch schreibt eine
überwältigende Mehrheit, als ob ein machtbesessener Verleger oder eine
brutale Zensurbehörde hinter den Journalisten im Land stände. Sogar in
den fast paradiesischen Oasen der Gedankenfreiheit
öffentlich-rechtlicher Anstalten herrschen meist unangefochten und
forsch die Parolen des sozialdemokratisch-grünen Zeitgeists, die
zufällig auch noch fast identisch mit Sichtweisen unserer Regierungen
sind. Sollten wir uns wirklich in eine post-faktische Ära hinein
bewegen, so haben daran massiv die Medien Mitschuld. In Türkei, Russland
oder Ungarn müssen Journalisten den Staatsapparat fürchten — bei uns
haben sich eine erschreckende große Mehrheit der Journalisten freiwillig
zum Konsens und zur Anpassung entschieden.

5. Augenmaß beim Schutz von Minderheiten

Der
wichtige Schutz von Minderheiten in einer demokratischen Gesellschaft
droht zu einem Kult ihrer Überhöhung zu werden. Die Bemühungen, z.B. in
Kindergärten, Schulen und Universitäten, die Rechte von religiösen und
sexuellen Minderheiten nicht zu verletzen und Diskriminierungen zu
beseitigen, haben zu grotesken Regularien und Privilegierung bestimmter
Gruppen und ihrer Themen geführt. Die Probleme der Mehrheit müssen
zurücktreten vor den „fortschrittlichen“ ideologie-getriebenen
Partikularinteressen — oder vor dem Schreckgespenst der angeblich von
Menschen verursachten Klimaerwärmung und ihrer Bekämpfung.

6. Emanzipation bewahren statt feministischer Ignoranz

Eine
der größten Errungenschaften der westlichen Kultur, die Emanzipation
der Frau, wird nicht nur vom Islam bedroht. In manchen
gesellschaftlichen Bereichen droht eine Feminisierung, die
Diskriminierung von Männern sowie lust- und lebensfeindliche
Zwangsregularien zwischen den Geschlechtern. Der Steuerzahler finanziert
die ausufernde, oft genug sinnfreie „Gender-Forschung“ und ein
Frauen-Beauftragten-Unwesen ohne gesellschaftlichen Gegenwert. Ohnehin
droht die ruhmreiche Frauenbewegung derzeit die Frauen in aller Welt
aufs Übelste zu verraten. Statt für die Rechte der in der islamischen
Welt unterdrückten Frauen oder für das Menschenrecht von Millionen
afrikanischer Mädchen zu streiten, die verstümmelt und missbraucht
werden, bekunden viele Frauen „Verständnis“ und „Respekt“ für andere
Kulturen.

7. Freiheit der Rede, Respekt vor Andersdenkenden garantieren

All
den voran gegangen Themen ist gemein, dass eine offene Rede heute in
Deutschland und anderswo vielfach nicht mehr möglich ist. Der jüngste
Freiheitsindex des Mill-Instituts zeigt, dass die Zahl der Menschen, die
sich aus Vorsicht lieber nicht politisch öffentlich äußern möchten, in
den letzten Jahren rasant gestiegen ist. Sowohl die Volksabstimmung über
den Brexit als auch die US-Wahl bescherten den Prognosen der
Meinungsforschungsinstitute verheerende Pleiten — die Menschen trauen
sich sichtlich in vielen Ländern nicht mehr, offen ihre Meinung zu
sagen. In Politik, Medien und Kultur müssen die dominierenden Eliten
deshalb endlich der Duktus der moralischen Überheblichkeit aufgegeben.

Die
Thesen meines Buches „Weniger Demokratie wagen“ haben nichts von ihrer
Berechtigung verloren, vor allem, wenn es um die Phantastereien über
direkte Demokratie geht. Heute erscheint mir die Forderung nach mehr
Bürgerbeteiligung als eine besonders tückische Parole der herrschenden
Eliten. Sie wissen sehr wohl, dass sich an Volksabstimmungen
normalerweise nur Minderheiten beteiligen. Umso leichter lassen sich
dann verschiedene ideologisch getriebene Anliegen oder auch absurde
Partikularinteressen durchsetzen.

Nun
haben in Großbritannien und in den USA die Wähler von ihrer Wahl-Macht
wirklich Gebrauch gemacht. Und bald wählen wieder die Österreicher, die
Franzosen, die Niederländer. Wo sind denn nun all die populistischen
Politiker der Grünen, Linken, der SPD und auch der CDU, die vor kurzem
noch mehr direkte Demokratie bei uns wollten? Sie sind überglücklich,
dass bei uns kein Regierungschef in Berlin und in den Ländern, kein
Präsident direkt gewählt wird.

Pals, 14. November 2016