Patent umfaßt technisches Verfahren und Spermien
München/Brüssel (pte/07.07.2005/11:59) – Die Erteilung eines Patents,
das zur Auswahl des Geschlechts von Kindern dient, die aus künstlicher
Befruchtung hervorgehen, führt zu heftigen Kritiken am Europäischen
Patentamt (EPA). Die Umweltorganisation Greenpeace
http://www.greenpeace.de berichtet heute, Donnerstag, dass das Patent
bereits im Februar 2005 erteilt wurde. Laut Patentschrift werden
Samenzellen tiefgekühlt und nach den Geschlechts-Chromosomen getrennt.
Das Patent umfasst das technische Verfahren und die Samenzellen selbst.
Die Umweltorganisation sieht darin die Tatsache bestätigt, dass
Menschen damit auf eine Ebene mit Verfahren in der Tierzucht gestellt
werden. "Durch derartige Patente wird menschliches Leben zum technisch
optimierten Produkt", sagt Christoph Then, Greenpeace-Patentexperte.
Greenpeace wirft dem EPA vor, dass es derzeit Patente fast nach
Belieben erteilen kann, da die europäischen Regelungen lückenhaft und
zum Teil widersprüchlich sind.
Das aktuelle Patent mit der Nummer EP 1257 168 B verletze gleich
mehrere Gesetze: Die Patentierung menschlicher Keimzellen (Samen und
Eizellen) ist in Europa nicht erlaubt, auch Verfahren zur Auswahl des
Geschlechts sind in den meisten Ländern verboten. Selbst die
Biomedizin-Konvention des Europarates verbietet Geschlechtswahl mit der
Ausnahme etwa geschlechtsspezifischer schwerer Erbkrankheiten. Der
Patentinhaber ist nach Recherchen von Greenpeace das US-amerikanische
Unternehmen XY Inc. http://www.xyinc.com . Das Unternehmen
spezialisiert sich nach eigenen Angaben auf die Geschlechtsauswahl von
nicht-humanen Säugetieren wie Rindern, Pferden, Schweinen und anderen
vom Aussterben bedrohten Tieren.
Der Ethikexperte Dietmar Mieth von der Universität Tübingen warnt
davor, dass das Patent sogar über die Methode der Geschlechtswahl
hinausgehen könnte: "Der Patentantrag schließt die Verfügung über
selektiertes, manipuliertes und konserviertes menschliches Sperma mit
bestimmten Charakteristika ein, von welchen die Wahl des Geschlechts
nur ein Beispiel ist. Damit ist die Methode für Verwendungen zur nicht
medizinisch begründeten Geschlechtswahl bis hin zur Menschenzüchtung
offen", erklärt Mieth.
In den vergangenen Jahren wurden mindestens drei Patente auf
menschliche Samen- und Eizellen vom Europäischen Patentamt vergeben.
Greenpeace hatte in diesem Zusammenhang dem EPA bereits mehrfach
vorgeworfen, einer Kommerzialisierung des menschlichen Körpers den Weg
zu bereiten. Die Umweltorganisation präsentiert den aktuellen Fall
heute, Donnerstag, in der Arbeitsgruppe für Bioethik des Europäischen
Parlaments und fordert dabei eine Neuordnung des EU-Patentrechts.