Deutschland: Ein Wintermärchen?
Dank für die vielen Zuschriften auf meinen Beitrag. Schön, dass fast alle mich bestätigen. Allerdings möchte ich noch einen weiteren Gedanken zur Diskussion stellen:
Ich habe mich mit einem Juristen auf dem Jour fix der Heinrich Heine Gesellschaft unterhalten. Er machte mich auf den fundamentalen Unterschied zwischen Asylant und Flüchtling aufmerksam. Sowohl die Presse als auch die Politiker scheinen auch juristisch wesentlichen Unterschied nicht zu kennen. Unser Grundgesetz bezieht sich weitgehend mit ihrem zu Recht großzügigem Paragraphen auf Asylanten. Das gilt nicht automatisch für Flüchtlinge. Ich hoffe, dass sich da sehr bald eine Klärung abzeichnet.
Ich habe schon in einem Essay Ende August auf die Flüchtlings-Problematik mit all ihren Facettenhingewiesen. Wenn gewünscht werde ich auch dieses auf Facebook posten. Damals habe ich Angela Merkel Recht gegeben, aber nur für die Flüchtlinge, die an der ungarischen Grenze menschenunwürdig behandelt worden sind. Ich war entsetzt, als sie das auf die Flüchtlinge aller Länder ausgeweitet hat. Das musste schiefgehen, denn selbst bei bestem Willen, yes we can, war von vornherein zu erwarten, dass das unsere Gesellschaft in große Probleme bringen würde, allein schon wegen der Masse. Es ist auf keinen Fall zu vergleichen mit den Flüchtlingswellen nach dem zweiten Weltkrieg mit Deutschstämmigen, die aus Russland emigrierten und der Zuwanderung nach der Wiedervereinigung. Ich sage das auch als Soziologe und frage mich, wo blieben seinerzeit die sonst so aktiven soziologischen Experten. Was ich besonders bedenklich seinerzeit empfand war, das Angela Merkel ohne demokratische Abstimmung mit den europäischen Nachbarn und ohne auch nur das Parlament und die Bevölkerung zu fragen, eine Entscheidung gefällt hat, die ich ihr nie zugetraut hätte, denn als Physikerin müsste sie das Ursache- und Wirkungsdenken beherrschen. In meiner journalistischen Arbeit habe ich stets z. B. Technologiefolgen-Abschätzungen sehr kritisch begleitet und ich frage mich, wieso eine so intelligente Staatsmännin, die ich verehrt habe, die Folgen einer solchen die Gesellschaft völlig umwälzenden Entscheidung nicht bedacht hat.
Noch einmal gesagt, allen Menschen, die bei uns Schutz suchen, deren Anliegen berechtigt ist, muss geholfen werden. Aber mussten tatsächlich alle Flüchtlinge um Leib und Leben fürchten? Die meisten kamen doch aus gesicherten Lagern rund um Syrien. Natürlich ist es ein Skandal, dass die Weltgemeinschaft nicht in der Lage war, diesen Bürgern nicht durch finanzielle Hilfe ihr Schicksal zu erleichtern. Erstens wäre ihnen die schreckliche und gefährliche Flucht erspart geblieben. Zweitens wären die Kosten wesentlich überschaubarer gewesen.
Das, was mich besonders bedrückt ist die Tatsache, dass durch den Alleingang von Angela Merkel die anderen europäischen Staaten sozusagen ein Alibi bekommen haben, sich an der Aufnahme der Flüchtlinge nicht zu beteiligen: Sie sind es ja selbst Schuld, die Deutschen, jetzt sollen sie auch die Suppe allein auslöffeln. Das sagen nicht nur die östlichen Europäer, sondern auch in den Zeitungen der Engländer und Amerikaner kommt Hohn und Spott zum Vorschein. Aus dem Ausland höre ich oft den Satz, dass Angela Merkel die EU kaputt macht bzw. auseinander dividiert. Das bedrückt mich besonders. Die europäische Idee und ihre Realisierung ist wohl die größte Leistung, die das politische Europa je hervorgebracht hat. Ihr verdankt meine Generation und unsere Kinder immerhin 70 Jahre Frieden, Erbfeindschaften wurden abgebaut, ich hoffe, demnächst auch mit Russland.
Dieser Beitrag ist der Aufschrei eines wirklich gutmeinenden kritischen Bürgers, den das Auseinanderklaffen der politischen Klasse zu der Mehrzahl seiner Bürger beängstigt. Hohen Respekt habe ich vor allen Menschen, die sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bemühen. Ich selbst unterstütze seit zwei Jahren zwei Menschen, allerdings aus dem italienischen Apulien, wo extreme Arbeitslosigkeit herrscht. Sie haben bei mir und meiner Familie gewohnt und wir haben auch die notwendige Integrations-Arbeit geleistet. Was sich CDU, SPD, Grüne und FDP hinter die Ohren schreiben müssen: Dieses Problem ist nicht mit Parteiengezänk zu lösen, auch nicht mit falschverstandener Gefühlsduselei. Auf keinen Fall darf den Populisten der Rechten Vorschub geleistet werden. Es ist unerträglich, dass bei Veranstaltungen von Pegida und AFD mittlerweile journalistische Kollegen so angegriffen werden, dass sie nur noch mit Bodyguards und Polizeischutz ihre Arbeit verrichten können. Gleiches gilt aber auch für die fanatischen Anhänger der Linken und Hooligans, die glauben, sich als Hüter der Bundesrepublik aufspielen zu müssen. Alle diese Extreme verschlimmern unsere Probleme nur, denn Politik besteht eben nicht nur aus Flüchtlingen und Asylanten, sondern aus vielerlei Fassetten, für die diese keine Antwort haben. Es geht mir nicht darum, Parteienpolitik zu betreiben, ich fordere auch nicht den Rücktritt von Angela Merkel, aber sie sollte ihren Fehler, Deutschland als Auffangbecken aller Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen zu wollen, einsehen, insbesondere aus Welten, die unsere liberale Lebensart, die durch unser Grundgesetz garantiert ist, nicht respektieren. Oft höre ich, dass das eine Art Völkerwanderung darstellt, die nicht mehr zu kontrollieren ist. Wird dabei bedacht, dass in historischer Zeit die einheimischen Völker und ihre Lebensart völlig verdrängt worden ist. Ich denke, das in den Griff zu bekommen ist die Jahrhundertaufgabe.
Hochachtungsvoll
Ihr Jean Pütz