EFSA braucht einen Neubeginn

EFSA braucht einen Neubeginn

Die Europäische Lebensmittelbehörde steht wegen enger Verbindungen zur Industrie in der Kritik

Brüssel/München, 11. Oktober 2011. Am 12. Oktober 2011 führt die europäische Lebensmittelbehörde EFSA in Brüssel einen Workshop zu den Themen Interessenkonflikte und wissenschaftliche Unabhängigkeit durch. Sie reagiert damit auf die Kritik an Verflechtungen der Behörde mit der Industrie. Teilnehmer sind unter anderem Mitglieder der EU-Kommission, der EU-Präsidentschaft, Experten der Mitgliedsländer und Nichtregierungsorganisationen wie Testbiotech und Corporate Europe Observatory.

Wissenschaftler, Mitglieder des Europäischen Parlamentes und andere Beobachter bezweifeln die Unabhängigkeit der EFSA seit einigen Jahren. Zahlreiche ihrer Experten und auch Mitglieder des Vorstands der EFSA haben enge Verbindungen zur Industrie oder zu Institutionen, die für die Industrie arbeiten. Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass auch Personen, die für das International Life Sciences Institute (ILSI) tätig sind, für die EFSA arbeiten. ILSI wird unter anderem von Coca-Cola, Monsanto, Dow Chemical und Nestle gesponsert.

„Innerhalb der EFSA sind inzwischen mehr als ein Dutzend Experten bekannt, die unter anderem mit der Risikobewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen, Pestiziden und Lebensmittelzusatzstoffen betraut und gleichzeitig für ILSI tätig sind. Bisher hat die EFSA nichts unternommen, um ihre Gremien vor einer Beeinflussung durch diese Experten zu schützen“, sagt Nina Holland von Corporate Europe Observatory in Brüssel.

Interessenkonflikte gibt es auch auf höchster Ebene der Organisation: Etliche Mitglieder des Vorstands unterhalten enge Verbindungen zur Industrie und zu ILSI. Nichtregierungs­organisationen fordern jetzt gezielt die Interessen der Verbraucher sowie des Umwelt- und Tierschutzes zu stärken.

„Es gibt viel zu tun, um die Unabhängigkeit der EFSA zu sichern. In einem ersten Schritt sollten die Vertreter der Industrie den Vorstand verlassen. Stattdessen müssen Organisationen ohne einseitige wirtschaftliche Interessen mehr Gewicht erhalten. Außerdem muss in den Gremien aufgeräumt werden. Experten, die zum Beispiel auch für ILSI tätig sind, können bei der EFSA nicht für die Risikobewertung zuständig sein“, sagt Christoph Then von Testbiotech in München.

Trotz des Workshops sind allerdings in der nächsten Zeit keine grundlegenden Änderungen zu erwarten. Das zeigt der Entwurf eines Strategiepapiers, das die EFSA zur Vorbereitung des Workshops veröffentlicht hat. Darin spricht sie die Interessenkonflikte nur indirekt an und auch die großen Defizite in der unabhängigen Risikoforschung werden nicht thematisiert.