Laval/München (pte/11.07.2006/07:00) – Ein Forscherteam um Nicholas
Barden vom Centre Hospitalier Université Laval (CHUL)
http://www.ulaval.ca in Quebec, Kanada, hat ein Gen identifiziert, das
vermutlich eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von
Depressionen spielt. Die Entdeckung dieses Gens, P2RX7 genannt, ist für
die Aufklärung der komplexen molekularen Netzwerke, die bei
Depressionen eine Rolle spielen, von großer Bedeutung. Darüber hinaus
stellt das Gen einen viel versprechenden Ansatzpunkt für die Therapie
gegen Depressionen dar, wie Barden auf dem Forum of European
Neuroscience Societies in Wien http://fens2006.neurosciences.asso.fr
betonte.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) http://www.who.int erwartet, dass
Depressionen sich bis zum Jahr 2015 nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen
zur zweiten Volkskrankheit entwickeln werden (pressetext berichtete:
http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=060502031 ). Rund 20 bis 25 Prozent
aller Frauen und zehn bis zwölf Prozent aller Männer werden irgendwann
im Laufe ihres Lebens depressiv. Bis vor kurzem gingen Wissenschaftler
davon aus, dass für die Entwicklung von Depressionen das Hormon
Serotonin von ausschlaggebender Bedeutung sei. "Besonders bemerkenswert
ist, dass das Gen P2RX7 jedoch überhaupt nichts mit Serotonin zu tun
hat", sagte Barden auf der Tagung.
Tierversuche haben gezeigt, dass das Gen in jenen Regionen des Gehirns
aktiv ist, die mit Depressionen in Verbindung gebracht werden. Zudem
stellte sich heraus, dass Stresshormone die Aktivität von P2RX7
reduzieren. Den Wissenschaftlern zufolge könnte das darauf hinweisen,
dass starker Stress möglicherweise einen Mechanismus aktiviert, der zu
schweren Depressionen führt. "Die bisherigen Befunde sind jedoch rein
genetisch", erklärt Susanne Lucae, Forscherin des Max-Planck-Instituts
für Psychiatrie http://www.mpipsykl.mpg.de und Mitautorin der Studie,
gegenüber pressetext. "Aber natürlich wird die Rolle des Gens
weitergehend untersucht."
Die Tatsache, dass nicht jeder Träger des P2RX7-Gens eine Depression
entwickelt, zeigt, dass auch weitere Faktoren eine Rolle spielen. "35
bis 40 Prozent der Depressionen haben eine genetische Ursache",
erläutert Lucae in Gespräch mit pressetext. "Wir gehen davon aus, dass
P2RX7 eines von wahrscheinlich mehreren Genen ist, die möglicherweise
zur Entwicklung einer Depression führen." Über den anderen Genen sei
jedoch noch nichts bekannt.
Das P2RX7-Gen wird von den existierenden Antidepressiva, die die
Produktion von Serotonin erhöhen, nicht berücksichtigt. Diese
Medikamente können zwar sehr effizient die Stimmungslage aufhellen, sie
wirken gewöhnlich jedoch erst nach mehreren Wochen oder Monaten. Wie
Tierexperimente zeigen, haben Wirkstoffe, die das P2RX7-Gen aktivieren,
hingegen sofort eine antidepressive Wirkung. "Dank unserer Entdeckung
wissen wir jetzt viel mehr über die Biologie der Depression. Wir hoffen
auf der Grundlage dieser Erkenntnisse neue Medikamente entwickeln zu
können", so Lucae abschließend gegenüber pressetext.