(pte) – Rund fünf Prozent der Erwachsenen entwickeln nach einer Infektion mit COVID-19 lang anhaltende Veränderungen ihres Geruchs- oder Geschmackssinns, wie eine Studie unter der Leitung der NUS Yong Loo Lin School of Medicine http://medicine.nus.edu.sg zeigt. Mit derzeit mehr als 550 Mio. bestätigten Fällen leiden mindestens 15 Mio. und zwölf Mio. erwachsene Patienten respektive an langfristigen Problemen mit dem Geruchs- und Geschmackssinn. Aufgrund der großen Auswirkungen, die ein derartiger Verlust auf die Lebensqualität und die Gesundheit allgemein haben kann, dürfte diese Entwicklung zur steigenden Belastung durch Long Covid beitragen.
18 Studien ausgewertet
Veränderungen beim Geruchs- und Geschmackssinn sind bei Patienten mit COVID-19 weitverbreitet. 40 bis 50 Prozent der Betroffenen berichten weltweit von diesen Symptomen. Wenig ist jedoch über den klinischen Verlauf dieser Symptome bekannt oder wie viele Patienten unter anhaltenden Problemen leiden. Um diese Wissenslücke zu schließen, hat das internationale Team Datenbanken in Hinblick auf Studien in diesem Bereich ausgewertet. Insgesamt entsprachen 18 Beobachtungsstudien mit 3.699 Patienten den Kriterien. Vier der Studien wurden im Umfeld von Gemeinden und 14 Studien im Umfeld von Krankenhäusern durchgeführt.
Die Forscher haben das mathematische Verfahren des „Cure Modelling“ genutzt, um die Selbstangaben zur Wiedererlangung des Geruchs- und Geschmackssinns zu schätzen und die Schlüsselfaktoren in Zusammenhang mit der Dauer und Wahrscheinlichkeit der Wiederherstellung zu identifizieren. Der Verlust des Geruchssinns dürfte demnach bei 5,6 Prozent der Patienten anhaltend sein. 4,4 Prozent der Betroffenen dürften den Geschmackssinn auf Dauer verlieren. 30 Tage nach der anfänglichen Infektion gaben nur 74 Prozent der Patienten an, den Geruchssinn wiedererlangt zu haben. Bei 79 Prozent der Betroffenen war der Geschmackssinn wiedergekehrt. Die Erholungsraten nahmen mit jedem Monat, der verging, zu. Sie erreichten nach sechs Monaten mit 96 Prozent einen Gipfel beim Geruchssinn und 98 Prozent beim Geschmackssinn.
Wahre Belastung größer
Frauen erlangen ihren Geruchs- und Geschmackssinn weniger wahrscheinlich als Männer. Patienten mit einer größeren anfänglichen Schwere des Geruchssinns und jene Betroffenen mit einer Verstopfung der Nase erlangten ihren Geruchssinn weniger wahrscheinlich wieder. Die Forscher räumen mehrere Einschränkungen bei ihrer Analyse ein. Zum Beispiel waren die ausgewerteten Studien in Hinblick auf die Qualität unterschiedlich und beruhen auf den eigenen Angaben der Studienteilnehmer. Es sei daher denkbar, dass die Erholung überschätzt worden sei und die wahre Belastung durch die Einschränkung des Geruchs- und Geschmackssinns noch größer sein dürfte.
Bei den meisten Patienten sei, so die Studie, zu erwarten, dass sie ihren Geruchs- und Geschmackssinn innerhalb der ersten drei Monate wiedererlangen. „Ein große Gruppe von Patienten dürfte aber eine anhaltende Dysfunktion entwickeln, die rechtzeitig erkannt, personalisiert behandelt und langfristig begleitet werden muss“, heißt es. Auf diese Herausforderung müsste sich auch die Medizin vorbereiten, denn die Gesundheitssysteme seien nicht darauf ausgerichtet, warnen Experten in einem Editorial. Die Forschungsergebnisse wurden im „BMJ“ veröffentlicht.