C-Prozessor aus lebenden Bausteinen

Welterster Bio-Dual-Core-Prozessor entwickelt

(pte015/16.04.2019/10:30) – Forscher der ETH Zürich (ETH) http://ethz.ch haben einen Weg gefunden, einen zentralen Prozessor aus biologischen Bauteilen zu konstruieren, der flexibel und vielseitig programmierbar ist. Der Clou: Die neue Bio-CPU beruht auf einem modifizierten Crispr/Cas-System und kann beliebig viele Eingaben in Form von RNA-Molekülen (sogenannter Leit-RNA) verarbeiten. Am Ende stand ein biologischer Dual-Core-Prozessor mit zwei Rechnerkernen in einer Zelle.

Cas9-Protein als Kern

Den Kern des Prozessors stellt eine Variante des Cas9-Proteins dar. Die CPU reguliert als Antwort auf die Eingabe durch Leit-RNA-Sequenzen die Aktivität eines bestimmten Gens, sodass das zugehörige Protein hergestellt wird. Damit konnten die Schweizer Wissenschaftler in menschlichen Zellen skalierbare Schaltnetze programmieren, welche wie digitale Halbaddierer aus zwei Eingängen und zwei Ausgängen bestehen und zwei einstellige Binärzahlen addieren können.

Die Forscher sind bei ihrer Arbeit im Labor sogar noch einen Schritt weiter gegangen und schufen analog zur digitalen Welt einen biologischen Dual-Core-Prozessor, in dem sie zwei Rechnerkerne in eine Zelle einbauten. Dazu verwendeten sie Crispr/Cas-Einheiten von zwei unterschiedlichen Bakterien. „Damit haben wir den ersten Zellcomputer mit mehr als einem Rechnerkern geschaffen“, unterstreicht Bioingenieurwissenschaftler Martin Fussenegger.

Dieser innovative Biocomputer ist nicht nur extrem klein, sondern im Prinzip auch beliebig skalierbar. „Man stelle sich ein Mikrogewebe mit mehreren Mrd. Zellen vor, und jede davon verfügt über einen Dual-Core-Prozessor. Solche ‚Rechenorgane‘ könnten eine theoretische Rechenkapazität erreichen, welche diejenige eines digitalen Supercomputers bei Weitem übertrifft, und das mit einem Bruchteil der Energie“, sagt Fussenegger.

Vielseitige Nutzbarkeit

Ein solcher Zellcomputer ließe sich laut den Experten dazu nutzen, biologische Signale aus dem Körper wie gewisse Stoffwechselprodukte oder Botenstoffe wahrzunehmen, sie zu verarbeiten und wunschgemäß zu reagieren. Programmiert man die CPU entsprechend, könnten die Zellen zwei verschiedene Biomarker als Eingangssignale wahrnehmen.

Ist nur Biomarker A vorhanden, dann reagiert der Biocomputer mit der Bildung eines diagnostischen Moleküls oder eines Wirkstoffs. Registriert der Zellcomputer nur Biomarker B, dann löst er die Bildung eines anderen Wirkstoffs aus. Sind beide Biomarker vorhanden, dann erzeugt dies eine dritte Reaktion. Angewendet könnte dies in der Medizin, zum Beispiel zur Behandlung von Krebs.

„Wir könnten zudem Rückkopplungen einbauen“, betont der ETH-Professor. Sei beispielsweise Biomarker B über längere Zeit in einer gewissen Konzentration im Körper vorhanden, dann könnte das auf die Bildung von Krebsmetastasen hindeuten und der Biocomputer würde dementsprechend einen Wirkstoff bilden, der speziell diese bekämpft.