BAM-Pressemitteilung 16/2013
22. Juli 2013
BAM-Wissenschaftler bringen Risse zum Leuchten
Alle
sechs Jahre wird eine Brücke in Deutschland einer Hauptprüfung
unterzogen. �Wird dabei ein Riss übersehen, hat der Riss sechs Jahre
Zeit, weiter zu
wachsen�, sagt Milad Mehdianpour von der BAM Bundesanstalt für
Materialforschung und -prüfung. Denn nach weiteren drei Jahren gibt es
nur eine Einfachprüfung, bei der womöglich ein Riss wieder übersehen
wird. Risse an Bauwerken möglichst früh zu erkennen,
dient nicht nur der Sicherheit, sondern hat auch enorme Kostenvorteile,
was die Instandsetzung angeht. Die Lösung könnte ein an der BAM
entwickeltes Verfahren sein, bei denen Risse unter UV-Licht leuchten und
so einfach und schnell und vor allem mit größerer
Sicherheit frühzeitig erkannt werden können.
Risslumineszenz
nennt sich dieses neuartige Verfahren. Der Trick: Mögliche
Schwachstellen, an denen Risse auftreten können, wie zum Beispiel
Schweißnähte,
werden mit einer dünnen fluoreszierenden Beschichtung eingestrichen und
mit einer dünnen Abdeckschicht versehen. Bei intakter Abdeckschicht ist
keine Fluoreszenz sichtbar. Beim Reißen des Untergrunds werden beide
Beschichtungen mit aufgerissen und die Rissufer
der Fluoreszenzschicht liegen frei. In Dunkelheit oder wenn man die
Stelle abdunkelt, leuchtet unter Schwarzlichtbestrahlung dann der Riss.
Entwickelt hat das Verfahren an der BAM Milad Mehdianpour. Der
Wissenschaftler setzt bisher auf handelsübliche Materialien.
Der verwandte Kleber, der zur Fluoreszenzbeschichtung verarbeitet wird
und sehr gut haftet, wird seit Jahren zum Anbringen von
Dehnungsmessstreifen verwendet. Das Pulver, welches wie Mehl aussieht,
wird mit ein wenig Fluoreszenzpulver vermischt (wie man es
auch in Geldscheinen einsetzt). Hinzu kommt noch eine
Härterflüssigkeit. Dann muss die Lösung zeitnah auf die interessierende
Stelle aufgetragen werden, zum Beispiel mit einer Rolle oder einem
Pinsel. Abgedeckt werden kann die Stelle dann mit einem dicken
schwarzen Filzstift.
Das
Verfahren kann aber schnell abgewandelt werden. Ein Projektpartner
experimentiert zum Beispiel mit Graphitspray als Deckschicht. Auch ein
Klebeband,
das beide Beschichtungen (Indikator- und Abdeckschicht) vereint, ist
denkbar. �Wichtig ist der Haftverbund zwischen den beiden Schichten und
dem Untergrund und dass die Schichten möglichst dünn sind�, sagt
Mehdianpour. Und genauso wichtig: �Die Klebschicht
hat keinen Einfluss auf den zu untersuchenden Körper�. Entwickelt wurde
das Verfahren an Stahl. Laut Mehdianpour wäre es aber auch auf andere
Metalle übertragbar.
Wie
wichtig ein frühzeitiges Erkennen eines Risses ist, weiß Mehdianpour zu
berichten: �Während ein Riss am Anfang ganz klein ist und nur wenig
wächst,
zum Beispiel einen Millimeter im Jahr, können es zum Lebensdauerende
hin mehr als ein Millimeter pro Monat sein�. Das neue Verfahren diene
dazu, die Inspektion etwas zuverlässiger zu machen. Die Erprobung in der
Praxis steht noch aus. Derzeit experimentieren
mit der neuen Methode das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und
die Universität Stuttgart. Weitere Partner werden gesucht.
Kontakt:
Dr.-Ing. Milad Mehdianpour