Anwendung des Piezomagnetischen Effektes: Physiker wollen Flugzeughaut in Echtzeit messen

Physiker wollen Flugzeughaut in Echtzeit messen

Werkstoffprüfung mit der Hilfe des Phänomens des Piezomagnetismus

Dehnungsversuch (oben) und veränderte Kristallstruktur (Bild: ucdavis.edu)
Dehnungsversuch (oben) und veränderte Kristallstruktur (Bild: ucdavis.edu)

Davis (pte003/20.03.2018/06:10) –

Flugzeuge sind großen Belastungen ausgesetzt. Während des Fluges lassen
sie sich bisher nicht messen. Überbelastungen lassen sich erst bei
aufwendigen Materialüberprüfungen während der normalen Inspektionen
ermitteln. Das könnte sich laut Forschern der University of Califormia http://ucdavis.edu ändern. Sie haben ein Material entdeckt, das seine magnetischen
Eigenschaften messbar variiert, wenn es gestreckt wird. Piezomagnetismus
nennt sich dieses Phänomen, so Physikprofessor Nicolas Curro.

Gezielte Verunreinigung

Das neue Material ist eine
Barium-Eisen-Arsen-Verbindung (BaFe2As2). Bei einer Temperatur von 25
Kelvin (minus 248 Grad Celsius) ist es supraleitend, wenn es mit
Fremdatomen "verunreinigt", also dotiert ist. Strom fließt
widerstandslos hindurch. Das Material ist für die Anwendung der
Supraleitung interessant, weil es, anders als andere Supraleiter so
flexibel ist, dass man daraus Kabel ziehen kann. BaFe2As2 ist ein so
genannter nematischer Kristall, dessen Struktur sich ändert, wenn er vom
normalen in den supraleitenden Zustand wechselt.

Die Kristallstruktur, die ursprünglich quadratische
Grundzüge hat, wechselt dann zum Rechteck. Curro und sein Mitarbeiter
Tanat Kissikov und Matthew Lawson haben das Material während des
Streckvorgangs in einem Kernspintomografen beobachtet – ähnlich dem, den
Mediziner zur Diagnose von inneren Erkrankungen nutzen. Dabei stellten
sie zu ihrer Überraschung fest, dass sich die Kristallstruktur auch bei
diesem Prozess veränderte und damit auch die magnetischen Eigenschaften.

Rätselhaftes Phänomen

Bisher haben Curro und sein Team noch keine Erklärung
für das Verhalten des Materials. Jetzt suchen die Forscher nach anderen
Werkstoffen, die ähnliche Eigenschaften haben. Außerdem interessiert
sie, ob mechanische Belastung der Materialien die supraleitenden
Eigenschaften beeinflusst. Piezomagnetismus lässt sich mit dem
Piezoeffekt vergleichen. Dieser tritt in Form eines elektrischen Funkens
auf, wenn ein Kristall zusammengedrückt wird, etwa in Feuerzeugen.
Umgekehrt werden derartige Kristalle zu Aktoren, also Systemen, die sich
ein wenig bewegen, wenn eine Spannung angelegt wird. Sie lassen sich
dann nutzen, um beispielsweise mikroskopisch kleine Schalter oder
Ventile zu bedienen.