Was grüner Tee tatsächlich mit Krebszellen macht
Erstmals biochemischer Mechanismus beobachtet, der die krebshemmende Wirkung erklärt
15.03.2004 Gesundheit Ein Inhaltsstoff in grünem Tee heftet sich
gezielt an Krebszellen und kann damit das Wachstum von Tumoren bremsen.
Das haben japanische Forscher gezeigt, die erstmals sowohl den
Wirkstoff als auch das passende Gegenstück auf der Oberfläche der
Krebszellen identifizieren konnten. Diese Andockstelle ist für die
Ausbildung von Zellkontakten wichtig und kommt auf verschiedenen
Tumorzellen vor. Schon der Genuss von zwei bis drei Tassen grünen Tees
täglich könne diesen gesundheitsfördernden Effekt hervorrufen. Das
berichten die Forscher in der Fachzeitschrift Nature Structural &
Molecular Biology (Online-Vorabveröffentlichung DOI: 10.1038/nsmb743).
Grüner Tee wird häufig zur Vorbeugung von Lungenkrebs, Prostata- und
Brustkrebs empfohlen. Studien zufolge beruht diese natürliche
Krebsbekämpfung auf den im Tee enthaltenen so genannten sekundären
Pflanzenstoffen. Der genaue Wirkmechanismus dieser Stoffe, darunter die
Substanz Epigallocatechin-Gallat (EGCG), war jedoch bislang nicht
bekannt. Auch war in den bisherigen Laborexperimenten wesentlich mehr
EGCG für einen nachweisbaren Effekt nötig, als tatsächlich im Blut von
Teetrinkern zu finden ist.
Hirofumi Tachibana und seine Kollegen von der Kyushu-Universität in
Fukuoka zeigten nun jedoch an Lungenkrebszellen, dass ein
wachstumshemmender Effekt von EGCG bei bestimmten Krebszellen schon in
Konzentrationen auftrat, die beim Teetrinken leicht erreicht werden.
Voraussetzung ist, dass die Zellen den für die Zellkontakte wichtigen
so genannten Laminin-Rezeptor tragen. Je mehr von diesem Rezeptor auf
der Zelloberfläche zu finden ist, desto wahrscheinlicher ist die
Ausbreitung des Tumors in das Nachbargewebe.
Die Wissenschaftler benutzten zur Charakterisierung der Bindung der
Substanz EGCG die so genannte Oberflächen-Plasmon-Resonanz, die es
erlaubt, die Wechselwirkung einzelner Moleküle mit ihren Rezeptoren zu
betrachten. So konnten sie die Bindungsstärke messen und die
Wachstumshemmung des Tee-Inhaltsstoffs gezielt mit konkurrierenden
Molekülen blockieren.
Wie EGCG nach dem Andocken an die Krebszellen das Ausbreiten des Tumors
verhindert und was sich im Inneren der Zelle im Detail abspielt, ist
noch nicht bekannt. Da dieser Rezeptor aber auch die Auslöser der so
genannten Prionenkrankheiten, wie zum Beispiel BSE und
Creutzfeldt-Jakob, bindet, könnte dieses Wissen nach Ansicht der
Autoren weitreichende Bedeutung haben und in die Entwicklung neuer
Therapeutika münden.
ddp/bdw Karin Otzelberger