Wie der Teilchenstrahl seine Struktur bekommt
HZDR-Forscher prägen mit rein optischer Methode Strukturen in lasergetriebenen Protonenstrahl
Die Behandlung von Tumoren mit Protonen
gilt als sehr vielversprechend. Bislang werden dafür allerdings große
und kostspielige Anlagen benötigt, die diese geladenen Teilchen auf die
nötige Energie bringen. Eine Alternative könnte die Beschleunigung per
Laserkraft sein, was kompaktere Geräte ermöglichen würde. Im Profil der
lasergetriebenen Protonenstrahlen kommt es jedoch immer wieder zu
Unregelmäßigkeiten, was hinderlich für die medizinische Anwendung ist.
Bislang ging die Forschung davon aus, dass dies auf komplizierte
Plasmaprozesse im Beschleuniger zurückgeht, die schwer zu kontrollieren
sind. Physiker des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) haben
nun eine alternative Erklärung im Fachmagazin Nature Communications
(DOI: 10.1038/s41467-018-07756-z) vorgestellt.
Wenn ein hochintensiver Laserpuls mit der Leistung
von fast einer Billiarde Watt auf ein dünnes Stück Metall trifft, bringt
das selbst so träge Teilchen wie Protonen auf Höchstgeschwindigkeiten.
Unter den richtigen Bedingungen entsteht ein Protonenstrahl, in dem die
Strahlungsdosis der Teilchen gleichmäßig verteilt ist. Hin und wieder
schleichen sich allerdings Unregelmäßigkeiten ein. Das tatsächliche
Strahlprofil weicht von den Erwartungen ab. „Bisher dachten wir, dass
dies an der Wechselwirkung zwischen dem Laser und dem sogenannten
Target, also dem Material, auf das der Puls trifft, liegt“, erklärt
Lieselotte Obst-Hübl. Mit weiteren Kollegen aus Deutschland und den USA
ist die Doktorandin vom HZDR-Institut für Strahlenphysik vor kurzem auf
eine andere Erklärung gestoßen.
„Bei einigen Experimenten mit Wasserstoff an
unserem Hochleistungslaser DRACO ist uns etwas Merkwürdiges
aufgefallen“, erzählt Obst-Hübl. „Damit die Laserpulse die hohe Leistung
erreichen, durchlaufen sie mehrere Verstärkerstufen – sie werden
fokussiert und treffen anschließend auf das Target. Standardmäßig
untersuchen wir zuvor allerdings einen Ausschnitt des Laserstrahls auf
seine Eigenschaften.“ Dafür steht während der Experimente ein kleiner
Spiegel im Strahl. An dieser Stelle ist das Laserlicht geblockt, wodurch
ein Schatten im Strahlprofil entsteht. „Genau die Form dieses Schattens
fanden wir später auch im Protonenstrahl“, fährt die Forscherin fort
und fügt an: „Das war überraschend, da sie im fokussierten Strahl nicht
auftaucht. Eine physikalische Erklärung für dieses zufällig entdeckte
Phänomen zu finden, war eine echte Herausforderung.“
Leichtere Manipulation des Protonenstrahls möglich
Wie die Dresdner Physikerin nachweisen konnte, sind
zwei Bedingungen dafür verantwortlich: Das Target muss etwas kleiner
als der Fokus des Laserstrahls und der Druck in der Vakuumkammer, in der
sich der Prozess abspielt, ein wenig höher als normalerweise üblich
sein. Durch letztere Abweichung befindet sich noch etwas Restgas im
Vakuum, das der Laser unabhängig vom eigentlichen Target ebenfalls
ionisiert. „Das Licht, das um das Target herumgebeugt wird, erzeugt
quasi-statische elektrische Felder im ionisierten Restgas“, erläutert
Obst-Hübl. „Diese Felder fungieren als ‚Speichermedium‘ für die
Eigenschaften des Laserstrahls. Die gespeicherten Strukturen werden auf
den Protonenstrahl übertragen, indem Protonen in den Feldern abgelenkt
werden.“
Auf diese Weise gelang es dem internationalen
Forscherteam in einem weiteren Experiment mit dünnen Drähten als Target,
die Buchstaben „HZDR“ in den Strahl einzuprägen, ohne den eigentlichen
Beschleunigungsprozess zu stören. Die Protonendosis war an dieser Stelle
entsprechend gering. „Indem wir den Druck in der Kammer variierten,
konnten wir den Effekt ein- und ausschalten“, beschreibt Lieselotte
Obst-Hübl das Ergebnis, das nach Ansicht der Nachwuchswissenschaftlerin
zu einer Neuinterpretation früher beobachteter Unregelmäßigkeiten im
Strahlprofil führen dürfte.
Die Möglichkeit, den Strahl gezielt zu
strukturieren, könnte darüber hinaus den Einsatz der
Laser-Teilchenbeschleunigung in weiteren Forschungszweigen erleichtern.
„Bis jetzt konnten wir das Profil des Protonenstrahls mit optischen
Methoden nicht so gezielt beeinflussen“, erzählt Obst-Hübl. „Mit unserem
Verfahren lässt sich das nun relativ einfach erreichen. Für viele
Anwendungen, zum Beispiel bei archäologischen Untersuchungen oder in der
Radioonkologie könnte das von großem Nutzen sein. Gerade die Option,
die Protonendosis in bestimmten Bereichen des Strahls zu blocken, dürfte
sehr interessant sein.“
Publikation:
L. Obst-Huebl, T. Ziegler, F.-E. Brack, J