3D-Atlas macht Spurenmetalle im Ozean sichtbar

Eisen, Cadmium, B
lei & Co. – neuer 3D-Atlas macht Spurenmetalle im Ozean sichtbar
Bremerhaven,
den 19. März 2014. Ein neuer, digitaler 3D-Atlas verrät schon auf den
ersten Blick, dass der Ozean ein langes Gedächtnis hat. In etwa 500 bis
2.000 Metern Tiefe zieht sich darin eine rote Fahne quer durch den
Atlantischen Ozean und signalisiert: Hier unten schwimmt vermutlich ein
großer Teil des Bleis, das vor der Einführung bleifreien Benzins in
Nordamerika und Europa aus den Auspuffrohren unserer Autos quoll. Blei
ist aber nur einer von vielen Spurenstoffen, deren Verteilung in den
Weltmeeren erstmals in dieser Detailtiefe sichtbar wird. In einem
weltumspannenden Kraftakt arbeiten derzeit über 30 Instit
ute aus 10 Ländern an einem internationalen Projekt namens „Geotraces“,
um Quellen, Senken und Verbreitungswege von Eisen, Cadmium, Blei &
Co. im Meer aufzuspüren und sichtbar zu machen. Der neue 3D-Atlas zeigt
erste Zwischenergebnisse für den Atlantik, die Arktis und den Indischen
Ozean.
„Wir
finden beim Blei aber nicht nur Spuren vergangener Umweltverschmutzung,
wir können ebenfalls sehen, dass umweltpolitische Gegenmaßnahmen
Wirkung zeigen“, sagt Dr. Reiner Schlitzer vom Bremerhavener
Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und
Meeresforschung, der den dreidimensionalen Atlas entwickelt hat. Denn
die gleiche Abbildung des Atlantiks offenbart, dassWasserschichten oberhalb 500 Metern
wesentlich geringere Bleikonzentrationen enthalten. Sie traten erst nach
Verbot bleihaltigen Benzins an die Oberfläche des Ozeans und haben sich
mit den tiefer liegenden Wasserschichten noch nicht vermischt.
„Insgesamt
sprechen wir hier von sehr geringen Konzentrationen in einer
Größenordnung von etwa einem Teil Blei auf tausend Milliarden Teile
Wasser“, erläutert Reiner Schlitzer, warum die im Atlantik gemessenen
Bleikonzentrationen keine unmittelbare Umweltgefährdung darstellen. Die
geringen Nachweismengen verdeutlichen aber auch den enormen analytischen
Aufwand, der für ein solches Projekt erforderlich ist und nur i
n einem großen Forschungsverbund realisiert werden kann.
„Weltweit
gibt es nur wenige, hoch spezialisierte Labore, die einzelne
Spurenstoffe in derart geringen Konzentrationen zuverlässig messen
können“, so Schlitzer. Und ergänzt: „Es sind nicht nur sehr
anspruchsvolle, sondern auch sehr viele Analysen nötig, um einen solchen
Atlas der Weltmeere erstellen zu können. Bisher wurden mehr als
fünfundzwanzigtausend Wasserproben unterschiedlicher Tiefe von etwa
achthundert Messstationen auf über 200 Stoffe untersucht. Fünfzehn
Schiffsexpeditionen waren erforderlich, um die bis jetzt eingearbeiteten
Daten zu erheben. Weitere werden folgen. In D
eutschland sind außer dem Alfred-Wegener-Institut noch das Geomar
Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, das Max-Planck-Institut
für Chemie in Mainz, das Institut für Chemie und Biologie des Meeres an
der Universität Oldenburg und das Max-Planck-Institut für Marine
Mikrobiologie an dem Projekt beteiligt.
Welchen
wissenschaftlichen Schatz die Forscher dabei in einprägsamen
Visualisierungen aus der Tiefe des Ozeans auf den Bildschirm befördert
und sichtbar gemacht haben, zeigt auch das Beispiel „Eisen“. Im Ozean
ist Eisen häufig ein Mangelelement. Staubeinträge von Land gelten bisher
als dominierende Quelle des wichtigen Mikronährst
offes für Algen, der im Ökosystem „Meer“ deshalb von großer Bedeutung
ist. Ein Blick auf den digitalen Atlas aber zeigt, dass auch im Umfeld
von Seebergen auf dem Mittelatlantischen Rücken oder am
Kontinentalschelf Westafrikas viel Eisen in den Ozean eingetragen wird.
Die relativ hohen Cadmium-Konzentrationen wiederum, die sichin
einem auffälligen Band entlang der südamerikanischen Atlantikküste
ziehen, deuten nicht etwa auf einen erhöhten Umweltfrevel angrenzender
Länder hin. Das Schwermetall spiegelt hier die Ausbreitungsmuster
verschiedener Meeresströmungen wider.
Solche
Zusammenhänge für alle Weltmeere auf einen Blick erkennbar zu m
achen, ist das Ziel des neuen elektronischen Atlas, der seit kurzem für
jeden im Internet verfügbar ist. Und nicht nur das. „Durch regelmäßige
Vergleiche werden wir künftig auf einfache Art erkennen können, wie der
Klimawandel oder auch menschliche Emissionen die Verteilung von Nähr-,
Schad- und anderen Spurenstoffen im Ozean verändert“, resümiert Reiner
Schlitzer und blickt auf langsam rotierende 3D-Animationen von Eisen-,
Blei- und Mangan-Konzentrationen im Arktischen Ozean. Vorausgesetzt
natürlich, dass hunderte Forscherkollegen in aller Welt den neuen Atlas
auch weiterhin kontinuierlich mit Daten füttern.
Hinweise für Redaktionen: Druckbare Bilder finden Sie unter www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/pressemitteilungen. Eine Auswahl von 3D-Animationen sind in unserem Youtube-Kanal „AWIresearch“ veröffentlicht: http://www.youtube.com/user/AWIresearch.
Weitere Informationen über den elektronischen Spurenstoffatlas gibt es unter http://www.egeot
races.org
Ihre Ansprechpartner am Alfred-Wegener-Institut sind Dr. Reiner Schlitzer (Tel. 0471 4831-1559 (E-Mail: Reiner.Schlitzer@awi.de) und Ralf Röchert, Abteilung Kommunikation und Medien, Tel. 0471 4831-1680 (E-Mail: medien@awi.de).
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