Papillomviren: Impfung auch für Jungen

Papillomviren: Frauenärztin empfiehlt Impfung auch
für Jungen

fzm, Stuttgart, Dezember 2014 – Humane Papillomviren sind auch in
Deutschland die häufigste sexuell übertragbare Virusinfektion. Neben
Krebserkrankungen des Muttermundes können sie Genitalwarzen bei Frauen und
Männern auslösen. Die seit 2007 in Deutschland empfohlene Impfung ist deshalb
auch für männliche Jugendliche interessant, argumentiert eine Expertin in der
Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag,
Stuttgart. 2014).

Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV) sind für sexuell aktive Frauen
kaum vermeidbar. Etwa 70 bis 80 Prozent infizieren sich, schreibt Dr. Gisela
Gille von der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung. Der eingetragene
Verein von Frauenärzten bietet Informationsveranstaltungen für junge Frauen an,
um die Hemmschwelle zum ersten Frauenarztbesuch zu senken. Bei etwa zehn Prozent
der HPV-infizierten Frauen kommt es zu einer chronischen Infektion, die zu einer
Krebserkrankung fortschreiten kann. Betroffen ist nicht nur der Muttermund,
sondern auch das äußere Genitale. Hier sind die Viren Auslöser von
Genitalwarzen. Sie verursachen in der Regel keine Beschwerden, können laut Dr.
Gille jedoch Ängste und psychosoziale Probleme auslösen. Außerdem sind
Genitalwarzen hoch infektiös. Etwa 70 Prozent stecken ihre männlichen Partner
an, die dann ebenfalls Genitalwarzen an Eichel, Penisstamm oder in der
Dammregion entwickeln.

Die meisten Genitalwarzen verschwinden von selbst. Bei Menschen mit
Abwehrschwäche, aber auch bei starken Rauchern kann sich die Abheilung
verzögern. Gelegentlich bilden sich größere Gewächse, sogenannte
Riesenkondylome. Eine Behandlung ist dann oft langwierig, warnt Dr. Gille, und
merkt an, dass sich die jährlichen Behandlungskosten in Deutschland für
Genitalwarzen etwa auf 49 Millionen Euro belaufen. In seltenen Fällen können die
Viren am äußeren Genital auch Krebs auslösen. Auf 100.000 Frauen kommen pro Jahr
ein bis zwei Krebserkrankungen, die das äußere Genitale, also die Vulva, oder
die Scheide betreffen. Vulvakarzinome haben in den letzten Jahrzehnten um den
Faktor 1,5 zugenommen, berichtet Dr. Gille. Auch jüngere Frauen seien zunehmend
betroffen. Peniskarzinome treten vor allem bei älteren Männern mit einer
Häufigkeit von eins zu 100.000 und Jahr auf.

Genitalwarzen können auch am Anus auftreten. Übertragen werden sie in erster
Linie durch den Analverkehr. Betroffen sind laut Dr. Gille nicht nur
homosexuelle Männer, sondern auch Frauen im mittleren und höheren Lebensalter.
In Deutschland kommen laut Dr. Gille auf 100.000 Personen bis zu drei
Erkrankungen bei Frauen und knapp zwei Erkrankungen bei Männern.

Auch Oralsex kann HPV übertragen. Die Folge kann ein Krebs der Schleimhaut in
Mund oder Rachen sein. Genaue Zahlen gibt es nicht. In den USA sind jedoch
bereits 60 bis 70 Prozent aller Krebserkrankungen in diesem Bereich auf HPV
zurückzuführen. In Europa betrage der Anteil 20 bis 40 Prozent, mit steigender
Tendenz.

Die meisten Krebserkrankungen durch HPV können durch eine Impfung verhindert
werden, die seit 2007 jungen Mädchen und Frauen angeboten wird. Ziel ist in
erster Linie die Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs. Erste Studienergebnisse
aus Australien, Dänemark und Deutschland belegen laut Dr. Gille, dass auch die
Zahl der Genitalwarzen rückläufig ist. Auch Männer erkrankten seltener. Da
allerdings derzeit nur etwa 40 Prozent der Mädchen geimpft werden, können sich
Jungen nicht darauf verlassen, von ihren Sexualpartnern nicht angesteckt zu
werden. Dies gelte auch für Jungen mit homosexueller Orientierung. Dr. Gille
unterstützt deshalb die Empfehlung der Impfkommission von Sachsen, die als
bisher einzige in Deutschland 2013 eine Impfempfehlung für männliche
Jugendliche ausgesprochen hat.

G. Gille et al.:
HPV-induzierte Kondylome, Karzinome und
Vorläuferläsionen – eine interdisziplinäre Herausforderung
DMW Deutsche
Medizinische Wochenschrift 2014; 139 (47); S.2405-2410