Handwerk ist Hightech

(Luxemburger Wort) – Das Dasein als Handwerker ist körperlich anstrengend, langweilig, man macht sich die Hände schmutzig, wird schlecht bezahlt, es gibt kaum Aufstiegschancen und überhaupt sind Handwerkerberufe nichts wert.

Diese Vorurteile haben sich über die Jahrzehnte in den Köpfen der Menschen eingebrannt, mit ernst zu nehmenden Konsequenzen: Eltern raten ihren Kindern von einer handwerklichen Laufbahn ab und die Berufsausbildung ist mittlerweile ein Sammelbecken für schwache Schüler, denen nichts anderes übrig bleibt, als diesen Weg einzuschlagen. Dem gegenüber steht ein Sektor, der händeringend nach gut ausgebildeten Fachkräften sucht.

Das Image des Handwerks muss also dringend aufgewertet werden. Das sagt die CSV, die dazu eine Interpellation beantragt hatte. Dass diese es erst am Donnerstag, neun Monate nach dem Antrag, auf die parlamentarische Tagesordnung geschafft hat, ist nach Dafürhalten des arbeitspolitischen Sprechers Marc Spautz ein Zeichen für den geringen Stellenwert des Handwerks – auch in der Politik.

Das Handwerk habe in Luxemburg eine lange Tradition, sagte Spautz, aber die Zeiten hätten sich geändert. „Handwerk ist heute Hightech“, sagte Spautz, also anders als früher. Und spannender. Er plädierte für eine Image-Kampagne – bei Schülern ab der Grundschule und bei den Eltern, „um ihnen zu zeigen, dass das Handwerk interessant ist und Zukunfts- und Karrierechancen bietet“. Luxemburg müsse mehr Handwerker ausbilden, statt sich auf ausländische Fachkräfte zu verlassen.

Damit das gelingen kann, muss die Ausbildung aufgewertet und vor allem die Orientierung verbessert werden, meinte Spautz. Dass es bei der Orientierung hakt, hatte zuletzt auch der Generaldirektor der Handwerkskammer, Tom Wirion, im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“ klargemacht. Spautz plädierte – wie Tom Wirion – für eine Orientierung in der unteren Sekundarstufe nach Talenten, und er schlug die Einführung eines verpflichtenden Praktikums im Classique vor, „damit auch diese Schüler mit dem Handwerk in Kontakt kommen“.

Für sie müssten zusätzliche Ausbildungsperspektiven geschaffen werden, zum Beispiel durch eine Aufwertung des Technikerdiploms und durch neue Ausbildungsmodelle – Stichwort Doppelabschluss Abitur/DAP, wie er im Koalitionsprogramm vorgesehen, aber bis dato nicht umgesetzt worden ist. Neue Ausbildungsperspektiven, aber auch durch eine Ausweitung des Angebots an weiterführenden Studien (BTS, Bachelor) und eine Zusammenarbeit mit ausländischen Hochschulen und Universitäten.

An Bildungsminister Claude Meisch (DP) lancierte Spautz den Appell, das Image und den Stellenwert des Handwerks zu verbessern. Claude Lamberty (DP) fand, der Minister habe bereits viel auf den Weg gebracht, um das Handwerk und die Berufsausbildung aufzuwerten, allerdings brauche es einen Mentalitätswandel in der Gesellschaft, damit das Erlernen eines Handwerks wieder „erste Wahl“ wird.

Auch Tess Burton (LSAP) warnte vor einer „Orientierung nach unten“, denn: „Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, denn die Anforderungen im Handwerk werden immer komplexer.“

Charles Margue (Déi Gréng) zufolge hat die Gesellschaft ein gestörtes Verhältnis zum Handwerk: „Wir brauchen Handwerker, aber wir liefern nicht. Jedenfalls nicht genug.“ Auch er stellte fest, dass handwerkliche Berufe nicht die Anerkennung haben, die sie verdienen und lancierte einen Appell an die Eltern, sich zu informieren und ihre Kinder zu unterstützen, „wenn sie Interesse am Handwerk haben“. Margue und Burton bemängelten, dass es kaum Brücken vom Classique ins Handwerk gebe.

Margue fand es darüber hinaus „beunruhigend, dass Schüler in internationalen Schulen kaum bis gar nicht mit dem Wirtschaftszweig in Kontakt kommen“.

Fred Keup (ADR) bedauerte, dass viele junge Menschen mit einer Handwerkerausbildung sich wegen der höheren Gehälter für einen Job im öffentlichen Dienst entscheiden und schlug vor, Betriebe finanziell zu unterstützen, wenn Beschäftigte in den ersten drei Jahren den Betrieb verlassen.

Myriam Cecchetti (Déi Lénk) beklagte die hohe Misserfolgs- und Schulabbrecherquote in der Berufsausbildung, die bereits im Fondamental absehbar sei. Sie sieht die Lösung in einer Gesamtschule (tronc commun), die sich dem Lernrhythmus aller Schüler anpasst.

Sven Clement (Piraten) bedauerte seinerseits, dass Schüler sich zwischen Abitur und dem Erlernen eines Handwerks entscheiden müssten und forderte neue Optionen, um Abitur und Handwerk miteinander zu verbinden.

„Wir sind auf den hier vorgeschlagenen Pisten drauf“, meinte Bildungsminister Claude Meisch (DP). Zusammen mit den Berufs- und Arbeitnehmerkammer sowie dem Patronat sei er dabei, die Programme an die Berufsrealität anzupassen. Man habe neue Ausbildungen geschaffen, verstaubte reformiert und sie zum Teil mehrsprachig gemacht.

Auch sei man dabei, für alle Ausbildungen einen Zugang zu weiterführenden Studien zu schaffen. „Wir haben Ruhe in die Berufsausbildung gebracht“, meinte der Minister, „sodass wir jetzt ein positives Bild nach außen ausstrahlen und uns auf das Wesentliche konzentrieren können: die Weiterentwicklung und das Image der Berufsausbildung.“