Fettstoffwechselstörungen aggressiv behandeln

(DGE) – Während ihres gemeinsamen Kongresses in Paris vom 31.8. bis 4.9.2019 erließen am Eröffnungstag die Europäischen Gesellschaften für Kardiologie (ESC) und Atherosklerose (EAS) ihre Leitlinien 2019 für Lipidologie. Diese wurden zugleich online im European Heart Journal publiziert (1). Sie empfehlen für die in der Tabelle definierten Risiko-Kategorien eine aggressivere Herangehensweise als bisher mit tieferen Zielwerten für Low-Density-Lipoprotein (LDL-Cholesterin).

New LDL Targets Across CV Risk Categories

– For very-high-risk patients (10-year risk of cardiovascular [CV] death >10%) an LDL cholesterol (LDL-C) reduction of at least 50% from baseline and an LDL-C goal of less than 1.4 mmol/L (< 55 mg/dL) are recommended

– For very high-risk patients who experience a second vascular event within 2 years (not necessarily of the same type as the first event) while taking maximally tolerated statin therapy, an LDL-C goal of less than 1.0 mmol/L (<40 mg/dL) may be considered.

– For patients at high risk (10-year risk for CV death of 5% to 10%), an LDL-C reduction of 50% or greater from baseline and an LDL-C goal of less than 1.8 mmol/L (<70 mg/dL) may be considered.

– For individuals at moderate risk (10-year risk for CV death of 1% to 5%), an LDL-C goal of less than 2.6 mmol/L (<100 mg/dL) should be considered.

– For individuals at low risk (10-year risk for CV death <1%), an LDL-C goal of less than 3.0 mmol/L (<116 mg/dL) may be considered.

Insbesondere für die tägliche Praxis ist wichtig, dass der obere LDL-Wert des Referenzbereiches jetzt mit 116 mg/dl / 3.0 mmol/l festgelegt wurde, auch wenn ein nur sehr geringes 10-Jahresrisiko von unter 1%  für einen kardiovaskulären (CV) Tod besteht. Viele deutsche Labors geben heute als obere Grenze  160 mg/dl / <4.2 mmol/l an, nur wenige 130 mmol/dl / 3.4 mmol/l. Man soll also bei Patienten immer auch das 10-Jahresrisiko für ein CV Ereignis bestimmen. Dazu gibt es viele Tabellen und Scores, angefangen vom Framingham-Score  über den PROCAM-Score, für den es auch eine App gibt, bis zu den ESC-Scores.

Hinweise auf das Vorliegen einer homozygoten oder heterozygoten Familiären Hypercholesterinämie (FH) sollten bei jedem Patienten zumindest bei der Anamneseerhebung erfragt werden (Herzinfarkte und/oder Schlagfanfälle bei Eltern, Großeltern, Geschwistern?).

Facit: Aggressivere Herangehensweise an LDL-Erhöhungen, tiefere Zielwerte als bisher anstreben. Und: immer auch an die „tickende Zeitbombe“ eine FH denken.

Helmut Schatz