(Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V.) – Etwa jeder Dritte in Deutschland hat Schilddrüsenknoten – oft unerkannt. Häufige Ursache ist der jahrzehntelange und noch immer bestehende Jodmangel in der Bevölkerung. Nicht alle Knoten in der Schilddrüse sind behandlungsbedürftig. Wenn sie aber Beschwerden hervorrufen oder der Verdacht auf eine Bösartigkeit besteht, muss eine Therapie erfolgen. Inzwischen können Patienten auf ein breites Behandlungsspektrum zurückgreifen. Der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) gibt eine Übersicht über die derzeitigen Therapiemöglichkeiten und rät Betroffenen, sich von ihrem behandelnden Arzt über alle Alternativen beraten zu lassen.
„In Deutschland haben immer mehr Menschen Schilddrüsenknoten – wir gehen von rund 20 Millionen Betroffenen aus“, berichtet Professor Dr. med. Detlef Moka, 1. Vorsitzender des BDN und niedergelassener Nuklearmediziner aus Essen. Ursache ist vor allem der Jodmangel. „Zwar gab es in den vergangenen Jahren Maßnahmen, das Spurenelement über die Ernährung, beispielsweise in Form von Jodsalz, zu supplementieren. Doch über die vergangenen Jahrzehnte entstand ein systematischer Mangel, deren Nachwehen wir heute noch in der Schilddrüse älterer Patienten erkennen können.“ Eine regelmäßige Jod-Supplementierung in der Ernährung sei unbedingt sinnvoll, so Moka.
Die gute Nachricht: Schilddrüsenknoten sind zwar eine weit verbreitete, aber meist sehr erfolgreich und schonend behandelbare Erkrankung. So haben länger bestehende Therapien zur Behandlung von Schilddrüsenknoten weitere Fortschritte gemacht. Aber auch auf neuere bewährte Methoden können Patienten inzwischen zurückgreifen.
Bei kleinen Knoten helfen Medikamente
In vielen Fällen – gerade bei nur geringer Vergrößerung der Schilddrüse – reicht eine medikamentöse Behandlung aus. „Ergebnisse aus jüngerer Zeit zeigen, dass dabei meist die Kombinationen aus Jod und Schilddrüsenhormonen die besten Erfolge erzielen können“, erklärt BDN-Experte Professor Dr. med. Frank Grünwald, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt/Main. Bei manchen Patienten ist die Wirksamkeit aus genetischen Gründen allerdings nicht ausreichend gegeben. „Dann ist eine Kombination verschiedener Schilddrüsenhormon-Präparate erforderlich“, so Grünwald.
Operation bei Verdacht auf Bösartigkeit
Operiert werden sollte immer dann, wenn die Ärzte eine Bösartigkeit nicht ausschließen können. „Das kann bei kalten Knoten der Fall sein, die sich im Szintigramm erkennen lassen“, erklärt Grünwald. „Eine Biopsie – also Gewebeentnahme – aus der Schilddrüse hilft, um über eine Operation zu entscheiden.“ Die Risiken der Schilddrüsenoperation sind heutzutage gering. Wichtig sei es, dass der Operateur die Stimmbandnerven während der Operation überwacht, so Grünwald. Inzwischen sind minimalinvasive Verfahren der Standard und verursachen nur kleine Narben. „Immer häufiger verwenden Ärzte auch alternative Zugangswege über Achsel, Brust oder Mund, sodass keinerlei Narbenbildung mehr entsteht“, erläutert der Frankfurter Schilddrüsenspezialist.
Radiojodtherapie: bewährt, erfolgreich, geringe Nebenwirkungen
Die Radiojodbehandlung, seit vielen Jahrzehnten sehr erfolgreich zur Behandlung der Überfunktion im Einsatz, kommt zunehmend auch bei knotiger Schilddrüsenvergrößerung zur Anwendung. „Daten aus großen deutschen Kliniken zeigen, dass selbst bei einer zehnfach vergrößerten Schilddrüse noch ein guter Behandlungserfolg erzielt werden kann“, führt Grünwald aus. Wichtiger Vorteil der Radiojodtherapie: Sie bringt im Vergleich zu allen anderen Verfahren sehr wenige Nebenwirkungen mit sich. Heiße Knoten – also gutartige Veränderungen – lassen sich so gezielt behandeln, ohne die übrige Schilddrüse zu beeinflussen.
Neue, schonende Behandlung mit Hitzeverfahren
Seit etwa sechs Jahren gibt es in Deutschland zudem thermoablative Verfahren in der Schilddrüsenmedizin. „Die jetzt vor allem von nuklearmedizinischen Arbeitsgruppen veröffentlichten Daten zeigen, dass mit diesen lokalen Hitzebehandlungen nachhaltige Wirkungen erzielt werden können“, erklärt Grünwald. Je nach Lage oder Größe der Schilddrüsenknoten setzen Ärzte unterschiedliche Methoden ein. Bei der Ultraschalltherapie/Echotherapie (HIFU) etwa können Knoten bis Kastaniengröße mit gebündelten Ultraschallwellen durch die Haut hindurch wie durch ein Brennglas „weggebrannt“ werden.
Am häufigsten angewendet wird die Radiofrequenzablation (RFA) – sie kann Knoten bis Mandarinengröße entfernen. Bei der RFA platzieren die Ärzte unter örtlicher Betäubung eine Sonde in den Knoten, deren Spitze hochfrequenten Wechselstrom freisetzt, der das erkrankte Gewebe gezielt erhitzt und schädigt; eine Kontrolle erfolgt parallel per Ultraschall.
Bei besonders großen Knoten ab einem Volumen von 100 Millilitern hilft die Mikrowellenablation: Hier führt der Arzt über einen kleinen Schnitt und unter örtlicher Betäubung eine Nadel in den Knoten ein, die dort Mikrowellen erzeugt, vergleichbar mit der Haushaltsmikrowelle. Die Wärme schmilzt die Knoten weg. „Mit den Methoden der Thermoablation können Knoten um etwa 50 bis 70 Prozent verkleinert werden“, resümiert Gründwald. Die lokal ablativen Verfahren kommen ohne Narkose aus.
Beratung in interdisziplinären Zentren einholen
Der BDN rät Schilddrüsen-Patienten, sich eingehend über alle zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. „Bestenfalls wenden sich Betroffene an interdisziplinäre Einrichtungen, in denen Nuklearmediziner und Chirurgen zusammenarbeiten“, rät Moka. „Dies ist entscheidend, um allen Patienten die optimale Therapie anbieten zu können“. Zudem führe eine Behandlung in spezialisierten Zentren, die eine entsprechend hohe Zahl an Eingriffen durchführen, nachweisbar zu besseren Ergebnissen.