Brief an einen guten Freund zum Thema Vernunft:
Lieber Walter,
als großer Anhänger von Europa sehe ich noch weitere Probleme auf uns zukommen. Vielleicht interessiert Dich der Brief von der Stiftung Robert Schumann. Die bringen sehr interessante Information. Man kann den Newsletter auch abonnieren.
Kopf hoch, trotzdem geht die Welt nicht unter.
Meine Analyse: Nur 10 bis 15 % der Bürger sind in der Lage, einer Wirkung die zutreffende Ursache zuzuordnen. Die nenne ich die Analysten. Die überwiegende Mehrheit, mindestens 80% urteilen aus ihrem Bauch, also dem reinen Gefühl heraus. Diese Gefühle aber haben die Evolution des Menschen nur bedingt mitgemacht. Sie wurden in der Steinzeit im Gemüt verankert. Z. B. die damals überlebensnotwendige Fremdenfeindlichkeit oder der Neid und der Hass. Diese Gruppe nenne ich die Emotionalisten. Diese Tatsache entwickelt sich immer mehr zum riesigen Problem unserer Demokratie, die vor allen Dingen durch die Dummheit in Gefahr gerät. Unter Dummheit verstehe ich die Unfähigkeit, Ursache und Wirkung zusammenzubringen. Deshalb poste ich mit großem Erfolg meine Kommentare bei Facebook unter dem Signum: ‚Der Vernunft eine Chance‘ und ‚Mit Vernunft in die Zukunft, oder??‘.
Mein Wunsch besteht darin, in Abänderung des Marx’schen Spruchs von den Proletariern, die es heute ja nicht mehr gibt: ‚Vernunftbegabte aller Länder vereinigt Euch‘. Dazu gehörst selbstverständlich auch Du. Nur so lässt sich meines Erachtens der technisch-wissenschaftliche ‚Turmbau zu Babel‘ vor dem Einsturz verhindern.
Als das große römische Reich, das fast ein Jahrtausend Bestand hatte, zusammenbrach, gingen auch technische Kulturelemente – wie z. B. Infrastruktur bzw. Wasser- und Abwasser-Technologie – verloren. Von Karl dem Großen bis hin zu den mittelalterlichen Königen und Fürsten fanden das überflüssig. Die Folge war, dass aller Unrat bis hin zu den Fäkalien oberirdisch über die engen Gassen entsorgt wurden. Die Religion machte dann den Bürgern klar, dass ihre Sünden für die daraus resultierenden Seuchen verantwortlich seien. So ist es kein Wunder, dass selbst die ärmlichsten Städte die Priorität, Kirchen und Kathedralen zu bauen, dem Bürgerwohl vorzogen. Diese Dummheit beschert uns heutzutage die Weltkulturerben. Ob das auch einmal – im übertragenem Sinne – auch das Schicksal unser technisch-wissenschaftlichen Kultur sein wird ?
Herzlichst Dein Jean