Wirtschaftsentwicklung in Corona-Zeiten – Stand Mitte Mai 2020

(Morning Briefing) – Mitten im Frühling hat der Schlussverkauf begonnen: Aber nicht der von T-Shirts, Turnschuhen und Bademoden, sondern der von Dax-Konzernen und familiengeführten Unternehmen des Mittelstandes. Die Nebenwirkungen der Pandemie-Bekämpfung haben die Preise für die deutschen Unternehmen radikal gesenkt.

► ThyssenKrupp ist nur noch ein Schatten seiner selbst. 4,93 Euro wurde zuletzt pro Aktie aufgerufen, das bedeutet eine Marktkapitalisierung von 3,1 Milliarden Euro. Im Januar 2018, als der Konzern seine höchste Marktkapitalisierung der vergangenen Jahre vorweisen konnte, war das Unternehmen noch das Sechsfache wert. Vergangenheit vergeht.

► Beim Düngemittelkonzern K+S sieht es nicht besser aus. Lag die Marktkapitalisierung im Juni 2015 noch bei 7,4 Milliarden Euro, sind es mit einem Wert von einer Milliarde Euro heute 85 Prozent weniger. Der Abstieg eines Superstars.

► Der Modekonzern Boss kam im August 2015 noch auf einen Marktwert von 7,7 Milliarden Euro, gestern waren es nur noch 1,7 Milliarden – ein Minus von 78 Prozent. Die Amerikaner würden von einem blowout sale sprechen: Alles muss raus.

Insgesamt haben die Dax-gelisteten 30 Unternehmen seit dem Höchststand am 19. Februar dieses Jahres 21,5 Prozent ihrer Performance verloren. Und das ist nur der Durchschnittswert, der durch erfolgreiche Unternehmen wie SAP und Linde nach oben frisiert wird. Übernahmekandidaten erkennt man daran, dass sie weit überdurchschnittlich verloren haben und heute oft weniger wert sind, als der Buchwert in der Bilanz ausweist:

► War Daimler am 21. Mai 2015 noch 96,7 Milliarden Euro wert, waren es mit Börsenschluss gestern Abend nur noch 33,1 Milliarden Euro – ein Wertverfall von rund 66 Prozent.

Überall da, wo kein starker Ankeraktionär vor feindlicher Übernahme schützt, wirken diese Schnäppchenpreise am Unternehmensmarkt wie ein Köder für ausländische Investoren. Dem aufmerksamen Chef des Kartellamtes sind die Begehrlichkeiten nicht entgangen. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagt Andreas Mundt:

„Es kann durchaus eine Übernahmewelle geben. Das wird kein Gang durch den Rosengarten. Denken sie an sogenannte Sanierungsfusionen, wenn Unternehmen in großer Not übernommen werden. Oder denken Sie an mögliche Übernahmen durch ausländische Großunternehmen, etwa durch chinesische Staatsunternehmen.“