Windenergie kurzfristig vorhersagbar?

Minutengenaue Leistungsvorhersage für Windparks

Neues WindForS Projekt ParkCast gestartet

Wie lässt sich die Leistungsabgabe eines Windparks im Minutenbereich am
besten vorhersagen, und wie groß ist die Unsicherheit der Vorher­sage bei
starken Änderungen der Windgeschwindigkeit? Diese Fragen wollen Forscherinnen
und Forscher des Stuttgarter Lehrstuhls für Wind­energie (SWE) der Universität
Stuttgart und des Zentrums für Sonnen­energie- und Wasserstoff-Forschung
Baden-Württemberg (ZSW) im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie mit rund 1,14 Millionen Euro geförderten Forschungsprojekts ParkCast
klären.

Der
Anteil der erneuerbaren Energien und speziell der Windkraft steigt stetig. Um
für den Verbraucher ein stabiles Netz zu sichern, sind minu­tengenaue
Vorhersagen der Leistungseinspeisung in das Energienetz unbedingt nötig. Trotz
der ständigen Schwankung der Leistung der Windenergieanlagen – der Wind weht ja
nicht immer gleich – muss also gewährleistet sein, dass sich die Erzeugung und
der Verbrauch des Stroms immer die Waage hält. Mit Hilfe von präzisen Prognosen
der in naher Zukunft erzeugten Leistung eines Windparks ist es für den Netzbe­treiber
möglich besser zu planen, wie der Energiemix zustande kommen soll und ob
beispielsweise bei einer ankommenden Windflaute rechtzei­tig ein Gaskraftwerk
hochgefahren werden muss, um die wegfallende Leistung zu kompensieren.

Zu
diesem Zweck haben die Stuttgarter Forscherinnen und Forscher ein Pilotprojekt
auf dem offshore Forschungswindpark alpha ventus vor der niedersächsischen
Nordseeküste in der Deutschen Bucht gestartet. Ziel ist es, die abgegebene
Leistung der dortigen zwölf Windenergieanlagen in einem Zeitbereich bis 60
Minuten möglichst genau vorherzusagen. Dazu wird ein Lidargerät eingesetzt.
Dieses Laser-Messinstrument, das auf der Gondel einer der 5MW-Anlagen
installiert wird, kann die Wind­geschwindigkeit in bis zu zehn Kilometer
Entfernung messen. Das Lidargerät soll die Einströmung des Parks messen und
diese Information als Grundlage für die Vorhersage bereitstellen. Mit­hilfe
eines lokalen, numerischen Wettermodells, welches den Zustand der Atmosphäre am
Standort abbildet, kann durch Eingabe bzw. Assimi­lation der gemessenen
Windgeschwindigkeitswerte aus wenigen Kilo­metern Entfernung, die Strömung des
Windes zum Windpark hin er­rechnet und prognostiziert werden. Mit Hilfe eines
Parkleistungsmodells, also der Kenntnis, bei welcher Windgeschwindigkeit der
Windpark wieviel Leistung er­zeugt, kann dann die zukünftig abgegebene Leistung
berechnet werden. Hierzu werden auch aktuelle Methoden des Maschinellen Lernens
eingesetzt.

Der
Stuttgarter Lehrstuhl für Windenergie und das Zentrum für Sonnen­energie- und
Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) sind Projektpartner des
Forschungsnetzwerks WindForS, welches die For­schung und Lehre zur Windenergie
in Süddeutschland bündelt. Der Lehrstuhl für Windenergie wurde 2004 gegründet
und konzentriert sich seitdem in der Forschung auf das Systemverständnis von
Windenener­gieanlagen. Mit dem Projekt ParkCast knüpft das Messtechnikteam des
Lehrstuhls an das Vorgängerprojekt VORKAST an, in welchem soge­nannte
Kürzestfristvorhersagen der Windleistung einer einzelnen Wind­energieanlage
mittels Lidarmessung untersucht wurden. Die Universität Stuttgart ist mit
diesem Projekt als Partner an der RAVE Initiative (Research at Alpha Ventus)
beteiligt.

Das
Zentrum für Sonnenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) wurde 1988 als
gemeinnützige Stiftung gegründet und gehört heute zu den führenden Instituten
für angewandte Forschung auf den Gebieten Pho­tovoltaik, regenerative
Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen sowie Energiesystemanalyse.
An den drei ZSW-Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit rund 250
Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt. Das ZSW versteht sich
als eine Brücke zwi­schen Grundlagenforschung und Industrie: Die Technologien
bringt es gemeinsam mit Industriepartnern in den Markt. Die technische
Expertise fließt auch in Studien und Beratungsdienstleistungen für die Politik
ein.

Fachliche
Ansprechpartnerin

Ines
Würth, Lehrstuhl für Windenergie, Stuttgart, 0711/685 68285