Wie Korallenriffe überleben

Korallenschleim erklärt Darwinsches Riffparadoxon
 
Korallenschleim als Dünger
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Bremen (pte007/25.07.2012/06:15) – Die Frage, wie die sehr produktiven Korallenriffe in ihrer extrem nährstoffarmen Umgebung überleben können, hat schon Charles Darwin vor ein Rätsel gestellt. Schon im Jahr 2004 hat ein Meeresbiologen-Team um Christian Wild vom Leibniz Zentrum für marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen http://www.zmt-bremen.de eine Antwort darauf in einer vielbeachteten Nature-Publikation gefunden. Nun hat der Meeresforscher weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen.

"Ein gelartiger Schleim, der von den Korallenpolypen in Form von langen Fäden ausgeschieden wird, ist des Rätsels Lösung", so Wild gegenüber pressetext. Da dieser Schleim sehr klebrig ist, bleiben nicht nur Teile abgestorbener Organismen aus der Wassersäule, sondern auch Kleinstlebewesen wie etwa Ruderfußkrebse an ihm hängen. Wenn der Schleim anschließend zu Boden sinkt, dient er praktisch als Dünger des Riffs.

Hohe Effizienz in schwierigem Umfeld

"Lange Zeit hat man die Bedeutung dieses Schleims bei weitem unterschätzt", erklärt der Riffökologe. "Er wirkt quasi wie eine Falle für alle möglichen Substanzen." Die Schleimfäden fangen wichtige Nahrungsbestandteile ein, bevor diese mit den Meeresströmungen aus dem Riff hinausdriften und damit verloren gehen.

Nach der Bildung von immer schwereren Schleimaggregaten, sinken diese zu Boden, wo Mikroorganismen das organische Material abbauen und ihre Stoffwechselprodukte dem Riff wieder als Nahrung zur Verfügung stellen. Dabei werden nicht nur Kohlenstoff, sondern auch lebenswichtige Elemente wie Stickstoff und Phosphor, die im Riffhabitat Mangelware sind, wieder neu verfügbar.

Perfekter Kreislauf der Natur

"Wie Studien am Großen-Barriere-Riff von Australien zeigten, können täglich bis zu fünf Liter Schleim pro Quadratmeter Riffoberfläche abgegeben werden", erklärt Wild. Dies belege, wie wichtig die Schleimabgabe durch Korallen für das Funktionieren von Riffökosystemen ist.

Seit der ersten Publikation dieser wichtigen ökologischen Erkenntnis konnten Wild und seine internationalen Kollegen in einer Reihe von Nachfolgestudien- etwa im Roten Meer und in der Karibik – zeigen, dass die Schleimabgabe durch Korallen generell in allen Rifftypen eine wichtige Rolle spielt.

Wasserströmung als stimulierender Faktor

"Unsere aktuelle Studie offenbarte, dass Korallen bei Strömung deutlich mehr Schleim abgaben als bei ruhendem Wasser", so Wild. "Riffe sind in der Natur teilweise sehr starken Wasserbewegungen wie Gezeitenströmungen und Wellen ausgesetzt."

Insofern deuten die neuen Ergebnisse darauf hin, dass bei bisherigen Quantifizierungen die Schleimabgabe durch Korallen unterschätzt wurde, da sie unter Stillwasserbedingungen durchgeführt wurden, erklärt der Forscher. Die wichtige ökologische Funktion der Schleimabgabe ist daher sehr wahrscheinlich noch deutlich ausgeprägter als bisher bekannt.