Wie ein antarktischer Krake in der Kälte überlebt

Blaues Blut im Eis – Wie ein antarktischer Krake in der Kälte überlebt

Bremerhaven,
den 11. März 2015. Eine antarktische Kraken-Art nutzt eine einmalige
Strategie, um im eiskalten Wasser zu überleben. Dies zeigt eine aktuelle
Studie von Forschern des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum
für Polar- und Meeresforschung (AWI), die jetzt im Open Access
Fachmagazin „Frontiers in Zoology“ erscheint. Die spezialisierten
Blutpigmente des Kraken helfen laut der Studie dabei, dass die Art
widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel ist als antarktische Fische
oder andere antarktische Kraken.

Im Antarktischen Ozean gibt es
trotz unwirtlicher Temperaturen eine artenreiche und diverse Tierwelt.
Die kalte Umgebung führt zwar dazu, dass Sauerstoff aufgrund langsamer
Diffusion nur schwer in die Gewebe transportiert werden kann, allerdings
enthält eiskaltes Wasser große Mengen physikalisch gelösten
Sauerstoffs. Antarktische Fische haben daher einen geringen Bedarf an
aktiven, Sauerstoff transportierenden Pigmenten wie Hämoglobin. Bisher
war jedoch wenig darüber bekannt, wie blaublütige Kraken ihre
Sauerstoffversorgung der kalten Umgebung angepasst haben.

Der
Erstautor Michael Oellermann vom AWI sagt: „Dies ist die erste Studie,
die klare Hinweise darauf liefert, dass funktionelle Änderungen des
blauen Blutpigments der Kraken (Hämocyanin) für eine bessere
Sauerstoffversorgung der Gewebe bei Temperaturen unter 0 °C sorgen. Dies
ist wichtig, weil es eine ganz andere Antwort auf die kalte Umgebung
des Südozeans im Vergleich zu antarktischen Fischen offenbart. Unsere
Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass die untersuchten Kraken
mittels einer besseren Sauerstoffversorgung durch Hämocyanin bei höheren
Temperaturen besser ausgestattet sind als die antarktischen Fische, um
sich an eine Klimaerwärmung anzupassen.

Kraken haben drei Herzen
und kontraktile Gefäße, die die Hämolymphe durch den Körper pumpen.
Diese Blutflüssigkeit enthält das blaue Hämocyanin, das dem roten
Blutfarbstoff Hämoglobin der Wirbeltiere entspricht. Um herauszufinden,
wodurch das Hämocyanin der antarktischen Krake so gut an kaltes Wasser
angepasst ist, sammelten und untersuchten die Forscher Hämolymphe der in
der Antarktis verbreiteten Art Pareledone charcoti sowie die zweier
Krakenarten aus wärmeren Gewässern: des südostaustralischen Octopus
pallidus und von Eledone moschata aus dem Mittelmeer.

Die
antarktische Krake Pareledone charcoti hatte die höchste Konzentration
von Hämocyanin im Blut. Mit mindestens 40 % mehr als die beiden
Vergleichsarten bedeutet dies eine der höchsten je bei Kraken gefundenen
Konzentration. Die hohe Konzentration an Blutpigmenten kompensiert die
geringe Fähigkeit des Hämocyanins, bei geringen Temperaturen Sauerstoff
abzugeben, berichten die Autoren. So werden die Gewebe ausreichend mit
Sauerstoff versorgt.

Außerdem funktionierte der
Sauerstoffaustausch zwischen Kiemen und Gewebe über das Hämocyanin der
antarktischen Krake bei 10 °C viel besser als bei 0 °C. Das Hämocyanin
dieser Tiere hatte bei 10 °C das Potential, mit 76,7 % viel mehr
Sauerstoff abzugeben, als die Blutpigmente der Warmwasserarten Octopus
pallidus mit 33,0 % und Eledone moschata mit 29,8 %. Zusätzlich zur
Kälteanpassung könnte dieser Mechanismus dafür nützlich sein, dass
Pareledone charcoti höhere Temperaturen tolerieren kann – ein möglicher
Link zur Lebensweise dieser Art, die auch in wärmerem Flachwasser und
Gezeitentümpeln vorkommt.

In Anbetracht der starken Erwärmung
rund um die Antarktische Halbinsel könnte Pareledone charcoti von der
Kapazität profitieren, die Sauerstoffversorgung im Blut besser an
variierende Temperarturbedingen anpassen zu können als andere Arten wie
antarktische Fische.

Diese neuen Ergebnisse zeigen, wie das
Blutpigment Hämocyanin die Sauerstoffversorgung sowohl in warmer als
auch in eiskalter Umgebung gewährleistet. Diese Fähigkeit könnte ein
Grund dafür sein, warum Kraken ein so weites Spektrum von Lebensräumen
besiedeln.