**Wenn Backöfen erkennen, dass sie getestet werden**
Fragwürdige Software bei Hausgeräten
(aid) – Ein niedriger Energieverbrauch ist ein maßgebliches
Verkaufsargument. Neben Anschaffungspreis, Gebrauchseigenschaften und
Design ist es ein wichtiges Entscheidungskriterium beim Kauf von
Hausgeräten. Auskunft über den Energieverbrauch gibt das
Energielabel, mit denen nahezu alle elektrischen Geräte
gekennzeichnet sind. Aber kann man sich auch darauf verlassen?
Scheinbar nicht immer. Produkttester des Stuttgarter Instituts für
Produktforschung GmbH (ipi) fanden heraus, dass nicht nur in deutschen
Dieselfahrzeugen, sondern auch in manchen Backöfen und Fernsehern
Schummelsoftware eingebaut ist. Solche Geräte verbrauchten im
Testbetrieb weniger Kilowattstunden als normalerweise.
Im Rahmen von Gerätetests fiel den Produkttestern beispielsweise ein
Backofen auf, der ein auffällig abweichendes Regelverhalten zeigte,
wenn er im Energiesparprogramm betrieben wurde. Wurde das Gerät –
wie im Testverfahren nach europäischer Norm vorgeschrieben –
vorgeheizt, dann die Tür geöffnet und das Gerät mittig mit einem
bestimmten Gewicht beschickt, senkte es bei diesem Programm mitten im
Backvorgang für fast eine halbe Stunde die Temperatur um mehr als 60
Kelvin ab. Statt auf 160 °C Temperatur heizte das Gerät nur noch auf
100 °C und verbrauchte dadurch insgesamt weniger Strom als im
Normalbetrieb und deutlich weniger als andere Geräte. Es erreichte so
eine niedrigere Energieeffizienzklasse auf dem Energielabel als andere
baugleiche Geräte.
Das Backergebnis für die kleinen Kuchen, die die Tester in diesem
Energiespar-Testmodus zubereiteten, spiegelte die unterbrochene
Wärmezufuhr wieder und erbrachte ein schlechtes Backergebnis. Die so
zubereiteten Kuchen gingen weniger gut auf und zeigten beim
Aufschneiden eine verdichtete Konsistenz, weil mitten im Backprozess
die Wärmezufuhr zu gering war.
Qualitätseinbußen als Folge geringerer Energiezufuhr ermittelten
die Produkttester auch bei einem Fernseher. Musste das Gerät den
Testfilm abspielen, erkannte es diesen Test und schaltete
unverzüglich in eine Art Energiesparmodus. Helligkeit, Kontrast und
Lautstärke verringerten sich und der Energieverbrauch sank dadurch
maßgeblich. Eine Augenweide war das Ansehen des Testfilms für die
Tester auf diese Weise nicht mehr. Der niedrigere Energieverbrauch
führte hier jedoch ebenfalls dazu, dass das Gerät auf dem
Energieetikett besser ausgezeichnet werden konnte.
Die Testergebnisse, die Ende Februar 2016 in Hamburg bei der
Jahrestagung des Fachausschusses Haushaltstechnik der Deutschen
Gesellschaft für Hauswirtschaft e. V. vorgestellt wurden, sorgten in
dem Fachgremium für Furore und lösten eine lebhafte Diskussion über
das Energielabel aus. Auch wenn es sich offensichtlich um wenige
Einzelanbieter handelt, die Schummelsoftware einsetzten, reagierten
die Haushaltsexperten entsetzt. Das Energielabel, das eigentlich den
Energieverbrauch abbilden und den Vergleich baugleicher Geräte
ermöglichen solle, werde so ad absurdum geführt, bemerkte ein
Branchenvertreter resignierend.
Eine Lösung zur Vermeidung solcher Täuschungsversuche scheint
dennoch greifbar: Zur Bewertung des Energieverbrauchs sollte der
Stromverbrauch im Normalprogramm herangezogen werden und nicht mehr
der geringste Verbrauch aus dem Energiesparprogramm wie bislang
üblich. Könnte man sich bei der Überarbeitung des Energielabels
darauf verständigen, würde solchen unsinnigen Energiesparprogrammen
der Nährboden entzogen, war man sich einig. Ob sich dies durchsetzen
lässt, weil die Energieetikettierung europaweit einheitlich geregelt
ist, blieb dabei allerdings offen.
Ute Gomm