Verzicht auf Copyright schafft große Werte
Shakespeare auf Wikipedia: bebildert dank Public Domain (Screenshot: pressetext) |
Champaign (pte003/20.04.2015/06:10) –
Wenn kreative Werke wie Bücher, Bilder oder Musik keinem Copyright mehr
unterliegen, so können sie doch großen wirtschaftlichen und sozialen
Wert haben. Das belegt eine Studie von Juristen der University of
Illinois http://illinois.edu und der University of Glasgow http://gla.ac.uk . Sie haben ermittelt, dass allein Fotos unter Public Domain, die auf
Wikipedia genutzt werden, einen Wert von 246 bis 270 Mio. Dollar pro
Jahr darstellen. Ob ewig lange Copyrights, wie sie die moderne
Content-Industrie anstrebt, wirklich im Sinne der Allgemeinheit sind,
erscheint also fraglich.
Rechteinhaber sprechen gern vom Wert des Copyrights,
was nicht verwunderlich ist. "Wenn man ein Monopol auf etwas hat, macht
man viel Geld", sagt Paul Heald, Jusprofessor in Illinois. "Was sie
bequemerweise ignorieren ist, dass das Fehlen von Copyright Wert
schafft." Wie groß dieser Wert insgesamt ist, scheint kaum abschätzbar.
Daher hat das Team nur einen kleinen Aspekt betrachtet, nämlich die
Bebilderung von Wikipedia – und allein hier steckt jedes Jahr etwa eine
Viertel Mrd. Dollar.
Alte Kreative eher bebildert
Die Juristen haben insbesondere Wikipedia-Seiten zu
Autoren, Komponisten und Lyrikern analysiert. Dabei hat sich gezeigt,
dass Beiträge eher bebildert sind, wenn die Person vor längerer Zeit
gelebt hat. Das dürfte daran liegen, dass es dann sicher Bilder gibt,
die keinem Copyright unterliegen. Immerhin handelt es sich bei der
überwältigenden Mehrheit der Fotos und Illustrationen um
Public-Domain-Material. Um den Gesamtwert der Bebilderung auf Wikipedia
abzuschätzen, hat das Team Kosteneinsparungen sowie dank der
Illustrationen gesteigerten Traffic berücksichtigt.
Für Heald ist damit klar gezeigt, dass exzessives
Copyright eigentlich hohe Kosten verursacht: "Wie wir in unserer Arbeit
zeigen, ist es nicht einfach ein Nettogewinn für die Allgemeinheit, wenn
wir Copyrights verlängern." Vielmehr gäbe es eindeutige, messbare und
spürbare Verluste. "Wir glauben, dass unser empirisches Beispiel
politischen Entscheidungsträgern verdeutlichen sollte, wie das Fehlen
von Copyright ökonomischen Wert schaffen kann", meint der Jurist.
Wertschöpfungs-Gegenargument
Gerade in den USA ist ein Trend zu absurd langen
Copyrights bekannt. Mindestens 70 Jahre gilt dort das Urheberrecht auf
kreative Werke – gehören sie Konzernen, auch länger. Aber auch das ist
Rechteinhabern oft zu wenig. "So lange Lobbyisten für
Copyright-Verlängerungen behaupten, dass Tantiemenzahlungen an
Privatbesitzer ein geeignetes Maß des Gemeinwohls sind, müssen
politische Entscheidungsträger mit Dollar-Beträgen über den Geldwert der
Public Domain konfrontiert werden", sagt daher Heald.
Der Jurist betont, dass langes Copyright nur den
Wohlstand einiger weniger mehrt, nicht aber den der Gesellschaft
allgemein. Obwohl er betont, dass "Kreativ-Industrien sich auf
Public-Domain-Werke als Bausteine für wertvolle Neuschöpfungen
verlassen", geht der Jurist auf moralische Fragen nicht ein.
Dabei scheint für Konsumenten nicht unbedingt
einsichtig, warum große Konzerne ewig langes Copyright auch auf Werke
bekommen, deren Ideen aus der Public Domain entnommen sind –
beispielsweise Disneys "Dschungelbuch"-Franchise, die sich bei Kipling
bedient hat, diverse mehr oder weniger guter Shakespeare-Verfilmungen
oder der aktuelle Trend der Märchen-Adaptionen.
Zum Paper "The Valuation of Unprotected Works: A Case Study of Public Domain Photographs on Wikipedia": http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2560572