Friedensordnungen nach 1918: Am DHI Washington diskutieren Historiker Ursprünge heutiger Konflikte
Washington DC und Bonn, den 12. März 2018 – 100 Jahre nach Ende des
Ersten Weltkriegs beschäftigen sich vom 22. bis 24. März 2018 40
Historikerinnen und Historiker aus 10 Ländern am Deutschen Historischen
Institut (DHI) Washington mit dessen Langzeitfolgen. Unter dem Titel
„Settlement and Unsettlement: The Ends of World War I and their
Legacies” diskutieren sie ein Thema von höchster Relevanz: Wie und warum
erwuchsen aus dem langjährigen Bemühen um einen nachhaltigen Frieden in
Europa und der Welt zugleich Konflikte, die in vielen Fällen – wie im
Nahen Osten – bis heute einer Lösung harren. Das DHI Washington
organisiert die vierte Stiftungskonferenz der Max Weber Stiftung in
Kooperation mit den beiden größten Historikerverbänden der Gegenwart und
dem National History Center.
Der Waffenstillstand vom 11. November 1918 gilt gemeinhin als Ende des
Ersten Weltkriegs. Am DHI Washington zeigen nun international
renommierte Historikerinnen und Historiker, dass er kaum mehr als ein
Mosaikstein in einem langwierigen Friedensbildungsprozesses war, an
dessen Ende Entscheidungen mit weitreichenden politischen und
diplomatischen Konsequenzen standen. Die Zerschlagung multiethnischer
und multinationaler Imperien, die – wie das Habsburger und das
Osmanische Reich aber auch das Deutsche Kaiserreich – der europäischen
Geschichte bis 1918 ihren Stempel aufgedrückt hatten, war ein zentraler
Faktor für die Entstehung einer neuen Weltordnung. Inspiriert von der im
Kern revolutionären Prämisse, dass Nationen ein Selbstbestimmungsrecht
zukomme, schufen Politiker und Diplomaten zahlreiche neue Staaten und
Grenzen. Ausgehend vom Ideal ethnisch homogener Nationalstaaten
entstanden so erstmals nationale Minderheiten und damit einhergehend
Bevölkerungsbewegungen von beispiellosem Ausmaß — und dies nicht nur in
Ost- und Ostmitteleuropa. So begann mit dem griechisch-türkischen
Bevölkerungsaustausch nach dem Lausanner Vertrag von 1923 ein
Jahrhundert der Massenvertreibungen. Auch die Unterteilung des Nahen
Ostens in mehrere Proto-Nationalstaaten steht für die zum Ende des
Ersten Weltkrieges erfolgte Neuvermessung der politischen Welt, die im
Zentrum der großen Tagung steht.
Diese Tagung ist bereits die vierte Stiftungskonferenz der Max Weber
Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (MWS).
Die Stiftung unterhält weltweit derzeit zehn Institute wie dasjenige in
Washington sowie weitere Forschungsgruppen und Büros in ausgewählten
Ländern. Mit diesen Forschungsinfrastrukturen ist sie ein zentraler
Akteur in der internationalen Exzellenzforschung in den Geistes- und
Sozialwissenschaften. Das Format der Stiftungskonferenzen bringt
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Institute einmal im Jahr
zusammen, um mit Forschenden aus aller Welt zentrale historische Fragen
international vergleichend und interdisziplinär zu diskutieren. Die
Bedeutung des Formats lässt sich an den Partnern ablesen, auf die
Institute der MWS zählen können. In Washington sind es der Verband der
Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD), die American
Historical Association (AHA) und das National History Center Washington
(NHC), das für die amerikanische Geschichtswissenschaft eine öffentliche
Bühne bietet.