München, 16. September 2010. Zur Herstellung neuer Kraftsstoffe,
sogenannter "Synthi-Fuels" werden künstliche Organismen hergestellt, um
eine höhere Energieausbeute zu erzielen. Der heute von Testbiotech
veröffentlichte Bericht über die Synthetische Biologie setzt sich mit
der Frage auseinander, welche wirtschaftlichen Interessen hinter der
Entwicklung von Synthi-Fuels stehen und wie den Gefahren durch die
Veränderung des Erbgut mit synthetischen Genen zu begegnen ist.*
In Deutschland arbeitet die Firma Cynao Biofuels mit staatlichen
Fördermitteln an der Veränderung des Stoffwechsels von Blaualgen
(Cyanobakterien). Diese sollen bereits 2010 zum ersten Mal in
Pilotanlagen getestet werden. Cyano Biolfuels gehört zur US-Firma
Algenol, die an der Pazifikküste Mexikos große Anlagen zur Produktion
von Biokraftstoffen mit Algen errichten will. Testbiotech warnt davor,
hierfür manipulierte Algen wie die aus Deutschland zu verwenden. Werden
die Produktionsanlagen beispielsweise durch einen Hurrikan beschädigt,
können die Algen kilometerweit aufs Meer verteilt werden. Experten
halten eine Verbreitung der synthetischen Algen in der Umwelt für
wahrscheinlich.
"Wir fordern die Bundesregierung auf, bei Cyano Biofuels darauf zu
dringen, dass die synthetischen Organismen, die in Deutschland auch mit
staatlichen Geldern entwickelt wurden, nicht in den geplanten
Produktionsanlagen von Algenol zum Einsatz kommen. Gelangen diese
Blaualgen in die Umwelt, kann dies schwerwiegende Folgen für die
Ökosysteme haben. Der Fall zeigt auch, dass spezifische gesetzliche
Regeln dringlich sind, um Freisetzungen von Organismen mit künstlichen
Genen wirksam vorzubeugen", sagt Christoph Then, Geschäftsführer von
Testbiotech.
Im Rahmen der Synthetischen Biologie werden Organismen mit künstlichen
Stoffwechselwegen aufgerüstet, um sie für verschiedene industrielle
Anwendungen zu nutzen. Geraten derartige synthetisierte Lebensformen in
die Umwelt, können sie kaum mehr kontrolliert oder zurückgeholt werden.
Die Entwicklung von Biokraftstoffen der neuen Generation, von
Synthi-Fuels, wird oft mit Bemühungen gegen den Klimawandel begründet.
Unter anderem aus Holz, Zellulose und Algen soll ein Ersatz für die
herkömmlichen fossilen Treibstoffe gewonnen werden. Die Studie von
Testbiotech zeigt, dass echte Problemlösungen von den Synthi-Fuels kaum
zu erwarten sind. Es droht dagegen eine Verschärfung bereits bestehender
Umweltprobleme: Bei steigender Nachfrage nach den Rohstoffen für die
neue Biokraftstoff-Generation würden erhebliche Flächen für Getreide und
Ölsaaten beansprucht sowie Wälder und Grasland ausgebeutet. Hier stehen
die Synthi-Fuels in Konkurrenz zu anderen landwirtschaftlichen
Nutzungsformen und Nahrungsmitteln. Zudem kann es zu einer Übernutzung
wichtiger Ökosysteme kommen.
Offensichtlich ist, dass hinter Synthi-Fuels massive Geschäftsinteressen
stehen: In Patentanträgen wird der neue Biotreibstoff und zum Teil sogar
die Fahrzeuge, die damit betankt werden sollen, als Erfindung
beansprucht. Die Entwicklung dieser neuen Kraftstoffe erfolgt oft in
Kooperation mit Firmen wie Exxon, BP, Shell und Dow Chemical, die sich
hier neue Märkte erhoffen. Auch von staatlicher Seite wird die Forschung
massiv gefördert.
Testbiotech hat im Juni 2010 bereits einen ersten Bericht zur
Synthetischen Biologie veröffentlicht. Der Verein fordert gesetzliche
Regelungen, die einen Eintrag künstlicher Lebensformen in die Ökosysteme
verhindern sollen. Zudem müssen die Labore, die Gene synthetisieren,
überwacht werden, u.a., um einen Missbrauch der Technologie zur
Herstellung neuer Krankheitserreger zu verhindern. Testbiotech spricht
sich für ein Moratorium bei staatlichen Fördermaßnahmen aus. Nötig ist
zunächst eine breite gesellschaftliche Debatte zur Synthetischen
Biologie. Der Aufruf wird von verschiedenen Verbänden wie dem BUND und
dem Naturschutzbund unterstützt.
*Kontakt: *
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Christoph Then Tel.,
0151 54 63 80 40
Der *Report *findet sich unter: http://www.testbiotech.de/node/410