Die Erde wird
grüner – und eine wesentliche Rolle für den seit Jahrzehnten
beobachteten Zuwachs von Blattwerk und Biomasse spielt die intensive
Agrar- und Forstwirtschaft des Menschen. Zu diesem Ergebnis kommt ein
internationales Forschungsteam mit Beteiligung des Karlsruher Instituts
für Technologie (KIT) nach der Auswertung hochauflösender
Satellitenbilder der Erde. Ihre Studie „China and India lead in greening
of the world through land-use management“ stellen die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Sustainability vor. (DOI: 10.1038/s41893-019-0220-7).
China und Indien tragen
zu rund einem Drittel zur Begrünung der Erde bei, obwohl sich in den
beiden Schwellenländern nur neun Prozent der bewachsenen globalen
Landfläche befinden. Dies ergab die Auswertung hochwertiger
NASA-Satellitendaten. „Seit 18 Jahren messen wir durch Fernerkundung
mithilfe von Satelliten die Entwicklung der Vegetation auf der Erde.
Satelliten-Sensoren ermöglichen es, die Erde mit einer räumlichen
Auflösung von 500 Metern über diesen Zeitraum zu betrachten“, sagt Dr.
Richard Fuchs vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung –
Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) in Garmisch-Partenkirchen, dem
Campus Alpin des KIT. Der Geograf und Co-Autor der Studie befasst sich
mit globalen Mustern, Ursachen und Umweltfolgen der Intensivierung der
Agrarwirtschaft.
Dass die Erde grüner
wird ist seit Langem bekannt. „Bislang ging man davon aus, dass der
erhöhte Gehalt des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre
das Pflanzenwachstum anregt, allerdings wäre dann zu erwarten gewesen,
dass dies rund um den Globus gleichmäßiger geschieht“, erläutert Fuchs.
Aktuelle Satellitendaten aus den Jahren 2000 bis 2017 zeigten jedoch
Begrünungsmuster der Erde, bei denen intensive Anbau- und Forstgebiete
wie China und Indien, aber auch Europa, auffallend hervorstechen.
Ergrünen ist zweischneidig
Die
landwirtschaftlichen Anbaugebiete in China und Indien wurden seit den
frühen 2000er Jahren nicht wesentlich vergrößert, dennoch ist die
Produktion von Nahrungsmitteln wie Getreide, Gemüse und Obst in den
beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Erde seit 2000 um etwa 35 bis
40 Prozent gewachsen. „Diese Ertragssteigerung ist auf den verstärkten
Einsatz von Dünger und vermehrte Bewässerung zurückzuführen“, sagt
Fuchs. Angesichts der Konsequenzen etwa für die Gewässerqualität durch
den Düngemitteleintrag spricht der Wissenschaftler von einer
Zweischneidigkeit dieses Ergrünens. Die ausgiebige Versorgung der
Pflanzen mit Kalium, Stickstoff und Phosphor erhöht das Volumen der
Biomasse und ermöglicht mehrmalige Ernten pro Jahr. Die Länder tragen
damit wesentlich zur Ernährungssicherung der Weltbevölkerung bei.
Allerdings wird auch deutlich: Fast alle Agrarregionen überdüngen immer
noch gewaltig und schädigen so ihre Umwelt. China unternehme mit der
„Großen Grünen Mauer“ zudem ein ehrgeiziges Aufforstungsprojekt gegen
die Ausbreitung der Wüste.
„Der Faktor Mensch ließ
sich lange Jahre nicht erfassen, jetzt haben wir mehr Klarheit darüber,
welchen bedeutenden Einfluss der Mensch durch seine starken Eingriffe
in den Naturraum auf das Klima hat“, sagt Fuchs. In Modelle einbezogen,
können die Erkenntnisse dazu beitragen, Prozesse des Klimasystems
künftig besser zu verstehen.
An der Studie beteiligt
sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA, China,
Indien, Frankreich, Dänemark, Norwegen und Deutschland. Einige ihrer
Verfasser sind zugleich Autoren von Beiträgen in Berichten des
Weltklimarats. „Unsere Grundlagenforschung fließt damit auch in die
wissenschaftsbasierte Entscheidungsfindung der Politik ein“, betont
Fuchs.
Originalpublikation:
Chi Chen, Taejin Park, Xuhui Wang, Shilong Piao, Baodong Xu,